Mit einem Knall meldeten sich FOALS im Juni zurück: Zwei Jahre nach Holy Fire legen die Oxforder mit der Gitarren-Nummer „What Went Down“ nach, nur um uns kurz darauf mit dem groovigen Ohrwurm „Mountain At My Gates“ über den finalen Sound des vierten Studioalbums gänzlich im Ungewissen zu lassen. Inzwischen ist klar: What Went Down vereint alles – leichtfüßige Melodien, schwermütige Balladen, knallige Riffs, die geradezu prädestiniert für die berühmt berüchtigten Live-Auftritte der Band sind. Zu Recht, möchte man sagen, denn was FOALS auf der Bühne abliefern, grenzt an Hochleistungssport. Ja, es geht wahrlich körperlich zu. Wirft sich Sänger und Gitarrist YANNIS PHILIPPAKIS zum Crowdsurfen von der Empore des Berliner Kesselhauses, staunt man nicht schlecht.
Zwischen Soundcheck und Power-Auftritt hat sich Drummer JACK BEVAN mit Popmonitor getroffen, um über die Arbeiten am neuen Album, die emotionalen Achterbahnfahrten einer Tour und 130 Flaschen Wein zu sprechen…
Vorab die wichtigste Frage zum Gig: Wie geht es Yannis mit seinem Kehlkopfproblem? Man hört, er klinge derzeit wie Phil Mitchell?
(lacht) Es geht ihm wieder gut. Er ist eines Tages aufgewacht und klang plötzlich wie ein Kettenraucher. Wir sollten eine Live-Lounge auf Radio 1 spielen, was in England echt eine große Sache ist. Wir waren schon vor Ort. Dann kam Walter und meinte, dass sie abgeblasen wird. Eigentlich sollte alles in 14 Minuten live on air gehen. Yannis ist deswegen gerade auf Medikamenten, hat sie alle verloren und muss jetzt noch schnell ins Krankenhaus, um sich alles neu zu besorgen.
Zum Album: Die erste Single „What Went Down“ hat die Erwartung, wie die Platte klingen wird, ganz schön fehlgeleitet. War das eure Absicht?
Ein wenig schon! Uns war klar, dass die Leute denken würden, die ganze Platte würde so klingen. Es hat uns schon immer gefallen, mit einem neuen Album zurückzukommen und etwas zu machen, was niemand erwartet hat. Kommt man an dem Punkt an, an dem alles vorhersehbar wird, hat man doch ohnehin schon verloren.
Am Ende habt ihr euren Sound mit What Went Down in beide Richtungen erweitert: Ausgehend von den letzten beiden Alben enthält die Platte eure bisher wuchtigsten, aber auch eure softesten Momente.
Ja, wir sind auf jeden Fall ganz nah an die Vorstellungen in unseren Köpfen herangekommen. Aufnahmen waren immer ein seltsamer Prozess: Meistens hatten wir eine perfekte Demo und haben die komplette Zeit im Studio dann mit Überarbeiten verbracht. Nicht so bei What Went Down: Wir sind ins Studio gekommen, haben „What Went Down“ aufgenommen, zweimal eingespielt und schon war der erste Song fertig. Natürlich hatten wir daneben auch schon immer langsamere Tracks wie „Spanish Sahara“ und „Late Night“. Ich denke, auf diesem Album sind alle Elemente der Band vertreten. Die softeren Songs wie „Give It All“ kommen dabei von Yannis und Jimmy. Wenn wir zu fünft arbeiten, füllt jeder eine Fläche für sich. Solche Songs brauchen mehr Raum. Ein Song wie „What Went Down“ entstand wiederrum gemeinschaftlich im Proberaum.
Es kursiert das Gerücht, ihr habet „A Knife In The Ocean“ mit seinen sieben Minuten mal eben in dem Moment geschrieben, in dem sich Produzent James Ford sein Mittagessen geholt hat. Jetzt mal Karten auf den Tisch: So schnell?
Ich habe keine Ahnung, wo das herkommt (lacht). Wir haben „A Knife In The Ocean” am letzten Tag geschrieben, bevor wir ins Studio gegangen sind – eine Stunde bevor wir unsere Koffer gepackt haben, um nach Frankreich zu fliegen. Es ist einer dieser Songs, an dem wir über Jahre hinweg geschrieben haben und bei dem plötzlich alles sehr schnell zusammenkam.
Vincent Van Gogh hat sich im Nachbarort eures Studios in der Provence sein Ohr abgeschnitten und soll Yannis beim Songwriting inspiriert haben. Wahnvorstellungen und Depressionen – was hat das mit euch und dem Album zu tun?
Wir fühlen uns nicht direkt wahnsinnig, aber Teil einer Band zu sein ist physisch wie emotional eine Herausforderung. Mit all dem Touren gibt man einen Teil von sich auf. Ich bin definitiv weniger „normal“, als ich es noch vor acht Jahren war. Gleichzeitig sind wir bedachter im Umgang miteinander geworden. Irgendwie hat uns die gemeinsame Zeit auch zu besseren Menschen gemacht. Songs von Yannis wie „London Thunder“ sind unterwegs geschrieben worden und eine Tour ist einfach eine emotionale Achterbahn. Mal geht es super stressig zu, mal überaus hedonistisch. Man hat diese absoluten Höhen und dann wieder niederschmetternde Tiefpunkte.
Wir sehr treffen dich kritische Meinungen von außen? Es gibt diejenigen, die sagen, dass ihnen alles egal ist, und solche, die nach Veröffentlichung einer Platte keinerlei Reviews lesen können. Wie gehst du damit um?
Ich muss zugeben, ich habe bisher nicht viel gelesen. Bei Reviews muss ich mich manchmal ohnehin fragen, wie viel Zeit die Autoren wirklich mit der Platte verbracht haben. Wenn uns jemand richtig durch den Dreck zieht, dann nimmt man das persönlich. Das ist unser Lebensinhalt und wenn die Platte nicht mal aufmerksam gehört und schon verworfen wird, geht mir das nahe. Wichtiger nehmen wir aber die Leute, die unsere Band mögen und die Platten kaufen. Manchmal trifft man Menschen, für die eine Platte in einer bestimmten Phase richtig wichtig war. Das berührt! So wie Pink Floyds „The Dark Side Of The Moon“ mir als Teenager durch eine dunkle Zeit geholfen hat.
Was war da los?
Ich war 15 oder 14 und mit meiner Familie im Urlaub in Frankreich und habe mich einfach depressiv gefühlt. Ich wusste nicht mal warum. Ich hab mich einfach miserabel gefühlt und die ganze Zeit dieses Album gehört, damit es besser wird. Ich habe auch eine ganze Reihe an Ambient-Platten, die mir beim Einschlafen helfen. Im Bus zu schlafen ist einfach seltsam, daher brauche ich die. Hast du schon davon gelesen? Das beliebteste Gerne auf Spotify ist die Sleep-Playlist! Das gefällt mir!
Apropos Spotify: Ihr betont häufig eure Ablehnung gegenüber Streaming-Diensten. Wäre es nicht konsequenter, die Musik auch von eurem Profil zu löschen?
Das erste Mal beschwert haben wir uns, als diese Streaming-Sache eher neu war. Leider ist das gerade der Lauf der Dinge. Man kann nicht wirklich dagegen kämpfen. Manche hören nur noch über Spotify, also kann man seine Musik nicht von dort wegnehmen, sonst hören dich all diese Leute nicht mehr. Wir werden sehen, wohin das alles führt. Vielleicht war das ja das letzte Foals-Album, das auf CD erscheint? Ich weiß einfach nicht, wer in 10 Jahren noch CDs kaufen wird!? Ich persönlich liebe Vinyls, sammle selber und finde es wichtig, in diesem Fall Besitzer eines physischen Produkts zu sein. Vielleicht sind wir aber auch nur eine Band aus Greisen – total zornig über jeglichen Wandel.
Auf jeden Fall seid ihr eine Band aus Wein-Junkies: 130 Flaschen sollen in knapp zwei Monaten in Frankreich versoffen worden sein?
Es waren definitiv mehr Flaschen (lacht). Aber: Es waren aber auch ein bisschen mehr als zwei Monate. Und wir waren 12 Leute! Das war eine wirklich luxuriöse, stressfreie Zeit. Wir hatten jede Menge tolles Essen, das Wetter war klasse, das Studio wunderschön. Wir sind dort vom Rockstar-Leben runtergekommen. Stress im Studio kann manchmal hilfreich sein, aber manchmal implodiert damit der kreative Prozess. Die Aufnahmen unseres zweiten Albums in Schweden waren so ein Fall. Es soll jetzt nicht so klingen, als seien wir faul gewesen, aber die Behaglichkeit der Umgebung hat einfach geholfen. Wir waren nicht so abgelenkt.
In Hinblick auf die Show im Anschluss: Welchen Track spielst du als Drummer live am liebsten?
Ah, schwierige Frage! Derzeit habe ich viel Spaß an „Late Night“. Ich singe immer wie ein schlechter Background-Sänger im Hintergrund mit. Es gibt mittlerweile so viele Songs. Ich liebe es „Inhaler“ zu spielen. Für einen Drummer ist das der pure Spaß. Und „What Went Down“! Und „Two Steps, Twice!“. Das war eine schrecklich schlechte Antwort, ich weiß. Ich habe dir einfach mal vier Antworten gegeben (lacht). Sucht euch einen Songs aus!
FOALS
What Went Down
(Warner Music International)
VÖ: 28.08.2015