An diesem Donnestag (15.12.) findet eine weitere Ausgabe von Rock at Sage × Popmonitor im Berliner Sage Club statt (wie immer bei freiem Eintritt, wenn man vor 22 Uhr am Sage-Club aufschlägt). Diesmal live auf der Bühne: MF RUCKUS. Wir haben der Band aus Denver vorab ein paar Fragen gestellt…
Wie würdet ihr euren Sound in Worte fassen – ohne auf Genres auszuweichen?
In postapokalyptischen, dystopischen Sci-Fi-Filmen nehmen sich einige der Überlebenden der Reste der gefallenen Zivilisation an und entfremden sie zu ihren eigenen Zwecken in der harten, gefährlichen Gegenwart – etwa indem sie einen alten Bus nehmen und Kreissägen, Maschinengewehre, Flammenwerfer und eine Kugelsicherung dazubauen. Das ist in etwa das, was wir mit den Bands machen, auf die wir stehen: Wir nehmen die Werkzeuge und Artefakte unserer Rock’n’Roll-Vorgänger und machen sie zu Waffen – zu Waffen im guten Sinn, versteht sich. Bei uns geht es ums Gegenteil von Krieg – es geht um die Party. Die Vertreter von Gewalt, Wut, Hass und Angst, die sind das Drule-Imperium in Voltron and wir sind die Galaxy Alliance. Wir fliegen einen gigantischen Superroboter, der aus Bands wie Iron Maiden, Thin Lizzy, ZZ Top, Queen, Murphy’s Law, AC/DC zusammengebaut ist. Wir sind die Verteidigungslinie des Vergnügens und die verschworenen Feinde schlechter Zeiten.
Denver hatte ja lange einen Ruf als langweilige Großstadt. Was ist dort derzeit los?
Witzig: Als wir Teenager waren und unsere ersten DIY-Touren starteten, begegneten wir regelmäßig Leuten, die dachten, Denver sei diese Kuhstadt in der nichts abgeht. Sie hielt uns für Cowboys! Tatsächlich hatte Denver aber immer eine blühende Musikszene, aber derzeit mehr denn je gibt es einige echte Killer-Bands aus dem kompletten Spektrum der Rockmusik: The Bunny Gang, Nathaniel Rateliff and the Night Sweats, Slim Cessna’s Auto Club, Speedwolf, Devotchka, Muscle Beach, The Potato Pirates, Wovenhand, Cephalic Carnage, Havok, Khemmis – die Liste könnte man ewig forsetzen.
Wie ist die Stimmung nach der Präsidentschaftswahl?
Die Wahl war ein Witz. Die ganze Kampagne. Die Hälfte der Leute hat sich nicht mal daran beteiligt. Letzte Nacht (Mitte November, Anm. d. Red.) gab es einen riesigen Protest. Die Leute sind verdammt schlecht drauf: Wut, Angst, Traurigkeit, Ekel. Was mich persönlich angeht, habe ich keine Angst vor Donald Trump und seinen Spießgesellen. Natürlich ist mir bewusst, dass ich als weißer CIS-Mann Privilegien und Vorteile genieße, die meine Mitbürger von anderer Hautfarbe, Gender, sexueller Orientierung nicht haben, und dass ich nicht den gleichen Benachteiligungen und sogar Risiken ausgesetzt bin wie sie. Ich versuche, etwas Gutes mit diesem Privileg anzustellen und zu bewegen. Aber Trump, wenn wir schon dabei sind, Trump ist ein Clown, eine Cartoon-Figur, ein Trottel. Er hat viele Menschen mit Gift und Galle hereingelegt, aber letztlich ist er ein Verkäufer. Er hat den Menschen einen Staubsauger mit einer Menge rassistischer und fremdenfeindlicher Spielereien verkauft, aber wenn sie in einstecken, werden sie bitter enttäuscht sein, was für ein Stück Scheiße sie sich da haben andrehen lassen. Der Typ ist wie ein Heel beim Wrestling, er ist der Iron Sheik, er ist Gargamel, der Boogieman, der Hamburglar, der Cavity Creep, der Noid – ich weiß, nicht all diese kulturellen Bezüge sind vielleicht gleich ganz klar, also viel Spaß beim Googlen! (lacht)
Was sind eure Lieblingsbars und Venues in Denver?
The Fillmore Auditorium, Bluebird Theater, Hi Dive, 3 Kings, Herman’s Hideaway und die Goosetown Tavern.
Mit welchen Bands zieht ihr um die Häuser?
Wir sind nicht mehr so viel unterwegs wie früher, aber wir lieben es natürlich, mit unseren Kumpels abzuhängen, wenn sie in der Stadt sind, oder wenn wir bei ihnen auftreten. Wir lieben Flexx Bronco, White Fudge, King Rat, Frontside Five, Muscle Beach, Antique Scream, Reno Divorce, Zero Down, Blind Staggers, Hudson Falcons, Fast Eddy, Chingaso, X-WIX, OD Kids, Granny Tweed, Hell’s Belles… Gott, da gibt es so viele!
Welche Erinnerungen habt ihr an frührere Gigs in Berliner?
Beim letzten Mal haben wir im Wild at Heart gespielt und eine In-Studio-Performance auf Joiz. Steve Goldberg von Cephalic Carnage ist an der Gitarre eingesprungen, also brachte er uns zur Show von Cannibal Corpse in einem Club in der Nähe der Studios. Es war großartig. Oh, und ich habe gelernt, wie groß ein Meter Pizza wirklich ist, denn wir haben in einem Biergarten eine gigantische Pizza bestellt. All diese Erinnerungen kommen jetzt wieder – Wahnsinn, wie viel wir da in so kurzer Zeit erlebt haben!
Was darf die Crowd im Sage von euch erwarten? Immerhin hat der Laden Pole-Dance-Stangen…
Aus Budgetgründen bin ich der einzige Pole-Dancer, den wir haben! (lacht) Aber wir geben unser Bestes. Unsere Mission ist die Party auf diesem Planeten, und wir haben eine Vision von einem Meer von lächelnden Gesichtern. Außerdem dürfen sich die Leute darauf freuen, meinen 63 Jahre alten Vater kennen zu lernen. Er war früher ein Cop, ist jetzt aber in Rente und hat gefragt, ob er mitkommen kann – also wird er unser Roadie sein und Merch für uns verkaufen. Er ist eine echte Nummer und sieht aus wie Alan Alda aus MASH.
Was habt ihr für 2017 vor?
Wir werden mit der Arbeit an unserem epischen dreiteiligen Konzeptalbum samt Graphic Novel beginnen: The Front Lines Of Good Times. Es wird viel dunkler Humor sein, Sci-Fi, eine postapokalptische Fantasy im Geist von Comics wie Heavy Metal und Prophet. An der Musik schreiben wir schon seit zwei Jahren, und wir haben schon richtig Bock auf das Ganze. Außerdem spielen wir ein paar Gigs hier zu Hause und haben auch zwei Touren nach Europa geplant, aber wer weiß: Wir erwarten ein großes Jahr, auch wenn wir nicht wissen, was alles auf uns zukommt. Wir sind Gentlemen-Abenteurer und bereit für unsere nächste Aufgabe!
MF RUCKUS
Thieves Of Thunder
(Rodeostar / Soulfood Music)
VÖ: 14.10.2016