SOUNDRIVE FEST | 16. – 18. August (Polen)


Qualität vor Quantität: w/ Toy, Rainbow Arabia, The Soft Moon, 2:54, Team Ghost, iamamiwhoami und vielen mehr…



Ilsebill salzte nach.

Drei Worte, die 2007 zum schönsten Romanbeginn der deutschsprachigen Literatur erkoren wurden. Wie jener erste Satz aus Günter Grass ‚Der Butt‘ beim Aussprechen auf der Zungenspitze buchstäblich liebtänzelt, ehe er zergeht, lesen sich auch die Zeilen des diesjährigen SOUNDRIVE FESTS vom 16.-18. August an der polnischen Ostseeküste: Mit einer erlesenen Auswahl an heimischen wie internationalen Künstlern aufwartend und darin Nischengeschmack beweisend, treibt das Line-Up einem jeden musikalischen Feingeist Pipi in die Augen und, was gesagt werden muss, der gerade einmal in seiner zweiten Edition befindliche Jungspund lässt dabei so manchen Festivalkollegen alt aussehen!

soundrive fest 13 from tharazustra on 8tracks Radio.

„Ethnotronica“ nennt sich ihr Genre. Allein bringt es die Band RAINBOW ARABIA aus Kalifornien zustande, live weitaus mehr zu überzeugen als auf Platte, denn was an so mancher Stelle wie Gummibärchensound in den Ohren klebt, klingt und wirkt auf der Bühne umso authentischer: Vom treibenden Schlagzeugspiel emporgetragen und mit hauchdünnem Synthie-Sound überzogen, mäandrieren kristallklare Gitarrenklänge durch das bunte Treiben auf der Bühne; Während sich Sängerin & Gitarristin Tiffany Preston Kapriolen schlagend im Takt zur eigenen Musik windet, gleichsam einem Metronom, lässt sich ihr Gesang ob seines hellen Timbres wie Zuckerguss nieder auf das Klangbild, dessen Kolorit sich aller Farben des Regenbogens bedient.

Der verheißungsvolle Moment, als Luis Vasquez eine bereits längst verstaubt-vergessene Aufnahme von „When It’s Over“ in die Hände fällt, markiert die Wiederauferstehung von THE SOFT MOON: Durch das Demo auf seine eigentliche Leidenschaft rückbesonnen, verwirft Vasquez seine jahrelange Tätigkeit als Grafik-Designer und konzentriert sich stattdessen auf Ausarbeitung und Formvollendung des musikalischen Projektes. Entsprechend dem Schaffens-Credo „turn yourself inside out“, welches ursprünglich als Debüt-Albumtitel gedacht war, vertont Vasquez den introspektiven Blick in schwindelerregende Tiefen, wobei der von Schatten umwölkte Abgrund ins rechte musikalische Licht gerückt wird, darüber sich verweht Worte entladen.

Berlin, Mitte. An einem Samstag im Dezember. Mirko alias John Boy Adonis, Schlagzeuger bei King Khan & The Shrines, legt auf in der Kim Bar am Rosenthaler Platz, wo sich die Klinke in die Hand gibt, wer nichts auf sich hält. Mit dabei im musikalischen Repertoire: ‚Forever Dolphin Love‘. Als der Track des gleichnamigen Albums erklingt, um sodann in Etappen die Sinne zu betören, ist nichts mehr wie zuvor: Einem Lauffeuer gleich verbreitet sich der Name des Künstlers über den Plattenteller des Kim hinaus und katapultiert den „neuseeländischen Jimi Hendrix“ und Wahl-Pariser CONNAN MOCKASIN in das Musikbewusstsein der Gegenwart. „Der letzte Schrei!“ (Vincent Van Gogh)

Die Musiker der englischen Band EGYPTIAN HIP HOP, deren ‚John Baker‘ an die ätherische Qualität von Mockasins ‚It’s Choade My Dear‘ zu erinnern vermag, sind ebenso bekennende dolphin lovers wie ihre (Lands-)Kollegen TOY, welche es mit ihrem letztjährigen Debüt an die Spitze der Popmonitor-Jahrescharts schafften. Frontmann Tom Dougall beschreibt, die Musik klinge, als befände man sich Unterwasser. Dem Quintett aus Brighton wurden erst kürzlich Vergnügen & Ehre zuteil, in London als Sound Carriers an der Seite von Damo Suzuki zu spielen, zusammen mit Listing Ships. Die Anfrage von Bobby Gillespie, dieses Musikkollektiv um ein weiteres, namentlich sein Bewusstsein zu erweitern, wurde zwar bestätigt, scheiterte letztendlich jedoch an Gillespies Abwesenheit. Oh, Bobby G, where have you been?

Obwohl wir Krautrock, Psychedelia, Shoegaze und Konsorten über die Maße lieben & schätzen und froh sind über all jene zeitgenössischen Bands, welche gut daran tun, die stilgebenden Ideen dieser Musikrichtungen aufzugreifen und erneut umzusetzen, ist es äußerst erfrischend, mal wieder New Weird America-esque berührt und verzaubert zu werden: Das Trio ENCHANTED HUNTERS aus Danzig, der Günter Grass’schen Geburtsstadt und gleichzeitig Standort des Festivals, macht zur Abwechslung Folk salonfähig und ruft unweigerlich ins Gehör, dass die beständige Hommage an Klaus Dinger, die sich zu wiederholen beginnt wie der Motorik- bzw. Apache-Beat selbst, Gefahr läuft, aus den Ohren rauszuhängen.

Das komplette Line-up und alle Infos auf:

http://festival.soundrive.pl/en

Autor: [EMAIL=veronique.homann@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Veronique Homann[/EMAIL]

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