Vor zwei Jahren brachte Marvel nach zwei Kinofilmen für die SciFi-Comedy The Guardians of the Galaxy noch ein Fernseh-Holiday Special heraus. Hier versuchten Aliens, das in einem Song zu formulieren, was sie von den Erdlingen als Fest namens Weihnachten verstanden zu haben glaubten („I Don’t Know What Christmas Is“). Hinter der vergnüglichen Szene steckte die Band OLD 97’s. So ähnlich kann man auch die Dutzenden Bands beschreiben, die Kevin McGrath seit 2022 in seiner Kampagne Have Yourself a Merry Indie Christmas sammelt. Auch auf dem vierten und letzten Sampler fragen viele Gruppen: Was ist Weihnachten überhaupt? Ist der christliche Hintergrund verschwunden und man selbst auch kommerzkritisch, bleibt ein Anlaß zum Zusammensein gegen Einsamkeit und Armut.
Wahnsinnige 65 Titel und damit rund drei Stunden Spielzeit bescheren hier Bands und Musiker dem Hörer. Erneut kann er nicht nur einige neue Weihnachtslieder entdecken, sondern auch einen Einblick in den britischen Indie-Underground gewinnen. Ja, selbst um die Compilations herum ist ein kleine Szene entstanden. Zum erneuten Male dabei sind: CALEB NICHOLS von GRAND LAKE („Christmas, California“), SWANSEA SOUND („The Life We Led“), THE PHOTOCOPIES („Christmas Alone“), LES BICYCLETTES DE BELSIZE („A Very Dufflecoat Christmas“), The ORNAMENTS („Would It Kill You To Kiss Me Under The Mistletoe“) und THE HANNAH BARBERAS („Dancin‘ Santa“). Und auch der Berliner HANS FORSTER kehrt mit HANEMOON zurück („Snowball In The Eye“).
Das Thema Weihnachten wird, wie man sich denken kann, in erster Linie als Indiepop-Liebeslieder verhandelt: NEIL BROGAN erklärt „Our First Christmas“, LIA PAMINA AND DARIO PERSI „Christmas‘ Over“ und The YEARNING „I Just Wanna Hold Your Hand“. Bleibt das aus, meldet sich die Einsamkeit etwa bei PALE SUNDAY („The Winter Song“) und BRIGHTER („Christmas“).
Außerdem kann man sich in Jahresrückblicken ergehen wie THE HEATHEN AND THE HOLY („Best Christmas Yet“) und KISSING PARTY („Merry Christmas Darling“).
Dann gibt es auch die Nostalgie für die Kindheit. So gestalten THE PROCTORS ein Winterlied („Icelandic“) und GRANDADDY „Stille Nacht, Heilige Nacht“ neu („It Was A Silent Night At Least Until Jeff Lynne Arrived“).
Die vielen Bands reiten auf verschiedenen Retro-Wellen. Los geht’s mit 60s-Pop von Girlbands namentlich WHYTE HORSES („Next Year Will Be Mine“) und NATURE SET („Edvard“) sowie Boybands wie SKIING („26th December“) und ALPINE SUBS („Over Wichita“). 70er-mäßig wird es mit BOYRACER („Magic To Me“), SATURDAY LOOKS GOOD TO ME („This Time Every Year“) und THE YELLOW MELODIES („Cordiales y Mazapanes“).
Hier dürfen natürlich auch die 80er nicht fehlen mit Pop wie von MILTON AND JONES („This Life“), THE SMITHS-artigem Indie (THE RELATIONSHIPS – „Christmas Song“) und ironischem Sythiepop („Christmas In The Synthesizer Age“).
Die schiere Masse der Stile ist erstaunlich. Natürlich kann man Weihnachten kritisieren wie LOVEJOY mit „I Dream Of Angels“, doch man kann sich auch wie GATEWAY TO THOUSEN an all dem Indie freuen, der dadurch entstand („Indie Christmas 1994“).
V.A.
Have Yourself a Merry Indie Christmas (Volume IV)
(Spendenaktion)
VÖ: 06.12.2024