Van Halen – Re-Release der ersten sechs Alben

Wie so viele andere Bands lassen auch die Glamrocker VAN HALEN dieser Tage ihren Backkatalog auffrisieren – wenn auch ohne so begeisterndes Bonusmaterial, wie es JIMMY PAGE für die LED ZEPPELIN-Re-Releases aus den Archiven geholt hat. Engineer CHRIS BELLMANN hat sich die originalen 1/4-Zoll-Tapes vorgenommen und den Sound aufgeräumt, aber ansonsten gibt es zu den ersten sechs Platten der Band der Brüder ALEX und EDDIE VAN HALEN, MICHAEL ANTHONY und Frontmann DAVID LEE ROTH eigentlich nichts Neues zu sagen. Wir haben daher ein Experiment gewagt und die Platten an einem langen Nachmittag hintereinander weg gehört, als sei es das erste Mal…

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Wirklich frisch klingt das Debüt der Band (1978) trotz der aufgeräumten Master nicht, andererseits finden sich mit „Ain’t Talkin’ Bout Love“ und dem Gitarren-Instrumental „Eruption“ zwei langjährige Fan Favorites unter den elf Tracks, die auch heute noch in so gut wie jeder Setlist auftauchen. Doch der große Rest wirkt fragmentarisch, unfokussiert, und das Cover von „You Really Got Me“ stinkt gewaltig. Kein Klassiker.

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Ganz anders wirkt da schon der im Jahr darauf veröffentlichte Nachfolger. Die referenziellen Blues-Sperenzchen des Debüts haben weitestgehend das Feld geräumt für kristallklaren, punktgenauen Hardrock, und Eddie kann an seinem heutzutage mit Recht als epochal verschlagwortetes Gitarrenspiel feilen, nicht zuletzt im filigranen „Spanish Fly“. „Light Up The Sky“ ist schlicht großartig.

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Aus Van Halens drittem Longplayer (1980) spricht denn auch ein ganz anderes Selbstbewusstsein. Schon die ersten Takte des Openers „And The Cradle Will Rock…“ stimmen auf die Experimentierfreude ein, und auch danach bleibt kein Stein auf dem anderen, etwa in der nicht von ungefähr „Loss Of Control“ getauften Highspeed-Nummer, die mit vollem Tempo ins als lässiger Blues-Stomper startende „Take Your Whiskey Home“ kracht, das seinerseits mit einem sensationellen Gitarrensolo endet. Ein Wort: Aufregend!

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Kontrastprogramm auf dem Nachfolger von 1981: Heavy und zäh schleppen sich die neun Songs beim Versuch dahin, den Sound in Schwermetall zu tauchen. Immerhin: Im Schlusstrack „One Foot Out The Door“ klingt Eddies Gitarre modern wie nie zuvor – nur um dann vom Fade-Out abgewürgt zu werden. Ganz klar der Rohrkrepierer der Reihe.

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Das Ray Davies-Cover „Where have all the good times gone!“ (das erste von fünf auf der Platte!) ist denn auch prompt der Opener des fünften Albums (1982) der Band, das selbstmahnende Ausrufezeichen im Titel wohl gesetzt. Der Schuss vor den eigenen Bug zeigt Wirkung: Entspannt-albern jammt sich die Band aus dem Instrumental „Intruder“ in Interpretationen von „(Oh) Pretty Woman“ und dem Motown-Klassiker „Dancing In The Street“ von Martha and the Vandellas. Übrigens: Papa Jan van Halen ist auf der Platte an der Klarinette zu hören. Ganz schön schräg alles in allem.

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Auf der Zielgerade schließlich scheitert unser Experiment glorreich: Songs wie „Panama“, „Hot For Teacher“ und natürlich den Überhit „Jump“ kann man tatsächlich nur einmal zum ersten Mal hören – wenn man sie nicht einfach ohnehin irgendwie seit eh und je kennt, ohne dass es ein erstes Mal gegeben hätte. Doch auch Nummern wie „Drop Dead Legs“ oder „I’ll Wait“ sind ein großes Vergnügen, alles verpackt unter dem Antlitz eines verschlagen grinsenden Nikotin-Engels. Die Platte, die definitiv die Billboard-Charts erobert hätte, hätte nicht zum gleichen Zeitpunkt „Thriller“ von einem gewissen Michael Jackson den Spitzenplatz gepachtet gehabt, markiert den Bruch in der Biografie von Van Halen, denn in Folge über Jahre vergorener Animositäten verließ Roth die Band auf der dem Release folgenden Tour, für die nächsten vier Alben sollte Sammy Hagar den Job am Mikro übernehmen. Deren Wiederveröffentlichung ist derzeit nicht vorgesehen.

www.van-halen.com

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