Track-By-Track zum Debüt des Berliner House-Künstlers
Nach zahlreichen Singles und Live-Auftritten erscheint dieser Tage das erste Album von ALLE FARBEN. Hier sind exklusive Kommentare von DJ, Produzent und Posterboy FRANS ZIMMER zu den Songs von Synesthesia – im Original und komplett ungebügelt…
INTRO
Das Intro ist für mich in zweierlei Hinsicht besonders. Zum einen habe ich eine Vorliebe für Episches. Eigentlich kennt man derartiges aus Filmmusik, für die ich ein Faible habe, aber ich nutze diesen Einstieg auch immer wieder gerne für meine Sets im Club. Zum anderen ist das Intro bewusst Deutsch, auch wenn meine Musik zunehmend auch international wahrgenommen wird.
LEAVES
Dieser Song war eines der ersten Stücke, das ich für das Album aufgenommen habe. Ich lernte Jenny, die als LYDMOR die gesamten weiblichen Gesangsparts auf dem Album singt und auch hier die Stimme liefert, im Sommer 2013 auf einem Künstlercamp in Utrecht kennen. Dort hatte ich einige Skizzen dabei und Jenny sang bei einem Probesingen einfach mal was ein. Das hat mir sehr gefallen. Von da an war relativ schnell klar, dass ich mit ihr weiterarbeiten möchte. Insgesamt ist das Stück etwas schwerer und melancholischer als der Rest des Albums. Dieser Kontrast ist aber genau gewollt: So stimme ich den Hörer gerade durch diese Abwechslung gut auf die weiteren Tracks ein.
DOWN
Das Stück ist insgesamt durch viel Klavieranteil geprägt. Hier haben wir im Studio sogar mit einem echten Flügel experimentiert, uns dann aber für ein Upright-Piano entschieden, dessen Klang ich fantastisch finde. Somit hat „Down“ eine starke Nähe zu „Leaves“, bei dem wir das Piano auch verwenden. Die Stimmung bietet einen guten Einstieg in den Rest des Albums, das dann mehr uplifting wird. Eine schöne Ballade.
SHE MOVES
Ursprünglich war das Stück mit dem Piano eingespielt und klang noch viel clubbiger. Das war ein vollkommen anderes Lied. Der Gitarrist, der für andere Songs im Studio war, fing irgendwie einfach an dazu zu jammen und wir haben das aufgenommen. Das hat uns vollkommen überwältigt. Zu dem Zeitpunkt gab es auch noch keinen Sänger und dann sagte er: „Hey, ich kenne da wen, der würde voll gut passen.“, und so lernte ich Graham kennen. Es hat alles zusammengepasst und am Ende war der fertige Song einfach so stark, dass wir gesagt haben: Das wird die erste Single! Für mich bis heute die beste Entscheidung!
SYNESTHESIA
Dieser Song spiegelt für mich mit seinem Klang in seinen 6 Minuten einfach die Vielseitigkeit des Albums wider, darum habe ich ihn auch wie das Album genannt. Hier werden viele Elemente des Albums miteinander verbunden: das organische Schlagzeug, das wir aufgenommen haben, die plätschernden Synthies, die Trompete. In diesen verschiedenen Dimensionen kann man so viele unterschiedliche Sachen finden oder auch sehen. Synesthesia, im Deutschen Synästhesie, ist die Kopplung zweier oder mehrerer physisch getrennter Bereiche der Wahrnehmung, z. B. Farben und Töne. Wenn einer der Sinne gereizt wird und naheliegende Areale miterregt werden, nimmt man Musik eben auch als Farben oder Formen als Temperatur war. Auf den Namen bin ich durch den Arbeitstitel vom Album gekommen, denn der war nämlich: „I think in colors that don’t exist!“. Googelt man das, kommt man ganz schnell auf Synesthesia und Synästhesie. Das war so schlüssig für mich, dass ich gesagt habe, das passt wie die Faust aufs Auge. Das ist genau das, was ich mit meinem Album und diesem Song ausdrücken möchte.
BLUE
Hier hat Jenny mich mit ihrer Stimme mal wieder voll umgehauen. Anfangs war noch nicht klar, ob wir nicht mit einem männlichen Sänger arbeiten, und so hatten wir verschiedene Pitches – also Tonarten – aufgenommen. Jenny hat uns dann im Studio voll überzeugt und prägt diesen Song in einer Art und Weise, wie ich sie mir von wenigen vorstellen kann. Man kann mit dem Song sehr gut dahinschweifen.
SOMETIMES
„Sometimes“ hat den besten oder zumindest witzigsten Arbeitstitel des Albums gehabt: Bierdusche. Der Song war für mich und das Label von Anfang an auch ein Single-Kandidat, weil er so typisch ALLE FARBEN ist. Für die erste Auskopplung hat dann aber „She Moves“ das Rennen gemacht, nachdem wir den Song mit der Gitarre aufgenommen hatten. Emotional verbinde ich mit diesem Song einfach Festivalfeeling: Man geht ab, man flippt aus wie sonst nicht, als ob es kein morgen gibt. Zum ersten Mal hab ich den Song live mit Graham bei meiner 6h-Session in Berlin ausprobiert und es hat hammergut funktioniert. Er bereichert das Stück abermals durch seine irrsinnig starke Stimme und hat die faszinierende Eigenschaft, diese intime Magie auch auf die Bühne zu bringen.
BECAUSE OF YOU
Auch „Because Of You“ stand für mich als erste Single-Kandidat ganz weit oben auf der Liste. Ich glaube, an diesem Song habe ich insgesamt am meisten herumprobiert. Welche Tonart passt am besten? Soll es ein männlicher oder ein weiblicher Gesang werden? Oder mache ich gar ein Duett? Auch dieser poppige Charakter ist erst mit der Entwicklung des Songs im Studio und der Instrumentalisierung entstanden. Mit dem Ergebnis bin ich am Ende mehr als zufrieden. Es ist ein wirklich runder Albumtrack entstanden, der das Feeling, das ich mit dem Album setzen will, perfekt rüberbringt.
ON AND ON
Nachdem die ersten Ideen für das Album im Frühsommer 2013 entstanden sind, fuhr ich nach Utrecht, um dort mehr Input zu bekommen. Jenny sang dort bei einer unserer Sessions ohne große Vorbereitung auf einen rohen Track, den ich mitgebracht hatte, und entwickelte so diese bezaubernde, weil schlichte, Hookline für „On And On“. Das war pure Magie, die dort herrschte, und so landeten die Ideen aus Utrecht fast ohne Änderung später auch auf dem Album. Diese gute Zusammenarbeit mit Jenny setzte sich fort – sie ist eine große Bereicherung für das Album. Das Intro zum Song ist für mich auch sehr besonders, weil ich hier klassische Einflüsse auf das Album bringe. In frühen Stadien des Stückes hatte ich einen Synthie im Intro genutzt, der ähnlich wie ein Cello klang. Im Studio ließ ich das dann von dem Gitarristen, der auch Cello spielt, einspielen und es klang wie ein großes Filmintro. So verschwand dann auch noch ein Teil Text im Intro, um dem umwerfenden Cello seinen Freiraum zu lassen.
LONELY LAND
Dieser Track ist wirklich besonders, weil er so aus dem Album hervorsticht. Er passt aus der Entfernung betrachtet vielleicht am wenigsten in das Album rein, ist aber genau deswegen ein guter Kontrast zu den Synthie-lastigen Stücken mit Jenny oder den verträumten Klavierstücken. Weil der Song so anders ist, habe ich mich auch dazu entschieden, nach einem dritten Vokalist zu suchen und bin durch einen glücklichen Zufall auf SWAY CLAKRE II gestoßen. Mit seinem souligen R’n’B-Charakter in der Stimme ist er eine wahnsinnig gute Besetzung für den Country-Appeal, den dieser Song mitbringt. So habe ich auch eine ganz neue Richtung für mich entdeckt.
FACE TO FACEBOOK
„Face to Facebook“ ist ein Track, den ich eigentlich nicht geplant hatte. Anfangs hatte ich nur Ideen. Es gab erste Soundkulissen, die man sich baut, um diese Ideen hörbar zu machen und über die ganze Zeit der Albumentwicklung ist dann daraus ein Stück geworden, von dem mir aber schon immer klar war, dass es ohne Vocals bleiben würde. Dadurch war ich in der Fortentwicklung und in der Erscheinung des Tracks frei und konnte letztendlich auch den Namen ungebunden vergeben. „Face To Facebook“ ist als kleine Kritik an kontemporärer Kommunikationsstruktur zu verstehen.
D. PUNK
„D. Punk“ ist meine kleine Hommage an DAFT PUNK. Ganz besonders mag ich ihre alten Songs, vor allem das Album Homework. Vor diesem Hintergrund entstand das Stück und ich finde, der Einfluss ist unüberhörbar.
METAPHYSIK DER RÖHREN
Neben „Sometimes“ ist „Metaphysik der Röhren“ fast mein Lieblingsstück – zumindest wenn es ans Auflegen geht. Der Song ist sehr melodisch und bietet mit seinem klassischen Tech-House-Appeal ideale Voraussetzungen für einen gelungenen Festival-Rave. Prägend ist hierbei aber auch, dass der Song von den Instrumental-Melodien geprägt ist und gänzlich ohne Vocals bleibt. Der Titel ist durch eines meiner Lieblingsbücher inspiriert.
ALLE FARBEN
Synesthesia
(b1)
VÖ: 23.05.2014
Autor: [EMAIL=friedrich.reip@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Friedrich Reip[/EMAIL]