Soundtracks zu Filmen sind viel zu oft nichts als Nebenverdienst zum Spektakel. Dieser Film von Uli M. Schueppel kam im September 08 in die Kinos und will, wie sein Soundtrack, Zeitzeugnis sein.
Als sich seit den 70ern eine beständige Alternativkultur in Berlin etablierte, zog sie viele junge Künstler und Menschen an, die fern aller Zwänge und des Konsumzwangs leben wollten. Die Indiewelle der 80er verstärkte sie weiterhin. Die Szene hat sich sicherlich verändert, existiert jedoch weiter. „BerlinSong“ ist eine cineastische Indieproduktion, die dem aktuellen Berliner Singer-/Songwriter-Untergrund ein Denkmal setzen will. Ob es legitim ist, ihn in seiner Gegenwart bereits zu historisieren, ist eine Frage, die die Zuschauer selbst diskutieren dürfen.
Die Compilation mit den Songs zum Film vereint beispielhaft die jungen Künstler, die auch selbst im Film auftreten. Sechs Songs zu Berlin von Künstlern, die im Film an sechs verschiedenen Orten in der Hauptstadt wohnen. Da ist das Geschwisterpaar JOSEPHA und PHILLIP CONRAD, das die Berliner Folkband CRAZY FOR JANE bildet und die amerikanische Sängerin ELISABETH WOOD (FANCIE). Außerdem der norwegische Songwriter EINAR STENSENG und KAT FRANKIE aus Australien. Dazu kommen der in Indonesien geborene TOMMY SIMATUPANG und NATHAN VANDERPOOL.
Den Anfang macht gleich das Glanzstück dieser CD, ‚I‘m Cold‘ von EINAR STENSENG. In intimer Bar-Atmosphäre singt er mit Blues in der Stimme von der schönen Stadt und der eigenen Melancholie. Diese werden von einem kühlen Piano und einem einsamen Banjo beschworen. Schöner könnten das auch die COUNTING CROWS nicht ausdrücken.
Es folgt ein ruhiger Bluesrock von NATHAN VANDERPOOL, schlagzeuglastig und mit einer leisen, schneidenden Orgel. Das Stück wirkt alt, nach den beginnenden 70er Jahren. ‚Victoria‘ gerät kurz und gut und wird von dem hämmernden Klavier und den marschierenden Drums aus ‚Everybodylovesmetoomuch‘ völlig verdrängt. TOMMY SIMATUPANG, der über Holland nach Berlin geriet, singt fröhlich-ironisch und mit kaputter Stimme über seinem Dub.
Nach den zwei enttäuschenden Folksongs von CRAZY FOR JANE und KAT FRANKIE, die von ihrem Verhältnis zu Berlin und der Liebe erzählen, kommt der wohl ausgefallenste Track des Soundtracks: ‚Das Komische Berlin Lied‘. Ein Kinderchor aus 14 Kids folgt ELISABETH WOOD durch chaotisch-poetische englisch-deutsche Lyrics, die Zusammenhalt im Sinne von „Jetzt kommen wir uns näher“ und Mut („Ich werde froh sein!“) beschwören. In der kleinen Kapelle begleiten EINAR STENSENG am Bass und TOMMY SIMATUPANG an Drums und Gitarre. Diese Zusammenarbeit wirkt familiär, und ELISABETH WOODS Akzent durchzieht das Lied.
„You believe Berlin nights are an endless supply“ (‚The faint-hearted Ones‘), ja, da könnte was dran sein. Ist es nicht gerade der Mythos Berlins, dass es hier alles gäbe – im Schaufenster zur Welt? So war es vor und nach dem Krieg, so war es bei den Spontis und heute. Film und Soundtrack BerlinSong sind eine Liebeserklärung an dieses Berlin. Dass aber ein Soundtrack von sechs Songs nicht mehr als ein nettes Mitbringsel für den ist, dem der Film gefallen hat, sollte klar sein.
BerlinSong. Songs From The Film (O.S.T.)
(Solaris Empire/ Broken Silence)
VÖ: 29.08.2008
www.berlinsong.com
www.myspace.com/berlinsong
www.myspace.com/crazyforjane
www.myspace.com/einarstensengband
www.myspace.com/fancyband
www.myspace.com/soundslikekatfrankie
www.myspace.com/nathanvanderpoolvsthesemantics
www.myspace.com/thetommysimatupangincarnation