Wenn Geschwisterduos miteinander seit der Kindheit singen und Musik machen, kann oft etwas Großes daraus werden, wenn auch oft eine gewisse Hassliebe eine Rolle spielt wie bei den nicht-wiedervereinten OASIS-Brüdern GALLAGHER. CAMILLE und ROBIN FAURE haben als BLACK LILYS 2018 ihr Debütalbum Boxes veröffentlicht und damit in Frankreich Erfolg gehabt. Sie standen mit THE DØ, PETE DOHERTY und ZAZ auf der Bühne und auch Netflix hat ihre Songs entdeckt. Nun wollen sie eine internationale New Era beginnen und haben dafür Producer Odd Martin (AURORA, SIGRID) engagiert und das hört man auch. Er richtet ihren Indiefolk in Richtung Nordic Folk aus.
Schon „Reckless“ baut mit Camilles elfengleichen Gesang und Robins dynamisch-organischen Beats Kraft auf, obwohl es sich maximal um einen Midtempo-Track handelt. Die magische Single „Invisible Strings“ lässt Camilles Lyrics noch mehr funkeln. Sie liegt sinnend auf einem beständigem Strom aus atmosphärischen Akkorden. Ihr Bruder hält sich diesmal gesanglich sehr zurück.
Nun, den Wolf im Schafspelz („Woman Wolf“) nimmt man ihr noch weniger ab als der blassen Aurora („Running With The Wolves“). Auch haben wir es nicht mit einer neuen A FINE FRENZY zu tun. Statt Kammerpop am Klavier hören wir in „Gymnopédie“ eher klassischen Singer/Songwriter. Den Kontrast setzt das Titelstück mit fast paganen Folkrock. Unter den englischsprachigen tritt einzig „Féroce“ mit französischen Strophen hervor.
Versammelt werden nicht ganz so gewöhnliche Melodien in einer gefälligen, nicht ganz so gewöhnlichen Rhythmik. Das passt freilich nicht ins normale R’n’B-Popumfeld, sprengt aber auch den Indierahmen. Das schwere zweite Album wird hier scheinbar mühelos gemeistert.
Black Lilys
New Era
(Mosaik/La Ruche)
VÖ: 21.10.22