Coastal – Heartbeats

Synthiepop trifft bei vielen Leuten einen Nerv, die nicht viel von Musik erwarten als eine schöne Hintergrundbeschallung. Dass die Musik der 80er mehr wollte und künstlerisch anspruchvoll sein konnte (DEPECHE MODE, Hallo?!), gerät so in Vergessenheit. Coastal ist so eine Band, die das Genre zu einem Feel-Good-Gedudel umgestalten. Oder wollen sie inzwischen mehr als auf ihrem Debüt vor zwei Jahren?

„Slow Breeze“ kommt wieder mit Synthies daher, wie man sie schon tausendmal gehört hat und das ist gewollt. Der Hörer soll sich vertraut fühlen. Dann kommen roboterhaft synthetisierte Vocals dazu, die Leidenschaft ansprechen und zum Schluss gar eine schräge E-Gitarre. Ein Aufbruch?

Das Titelstück „Heartbeats“ ist wieder ein Boy-Girl-Duett samt Erinnerungen an die Kindheit wie auf dem Vorgänger. Jetzt werden auch mal zaghaft Whao!-Chöre eingesetzt. Hört man die Texte wie die von „Streetlights“ drängt sich der Gedanke auf, dass man hier von anderen Bands abschreibt und ja, Coastal haben sogar einen Song namens „Arcades“ auf der Platte.

Am Interessantesten ist da „Lost City“, das auch mit Vocal-Experimenten aufwartet: Hier wird die Liebste mit einer Stadt verglichen: „Taste of the rain with a brush of your cheek, got you floating like a lost city.“ Wie im Film Spider-Man von 2002 wird hier die Situation eines Regenkusses beschrieben. Das kann man Kitsch nennen. Man kann auch akzeptieren, dass sich manche Leute nichts Romantischeres vorstellen können. Dieser Treue zum Ereignis steht freilich der „Nichts ist für immer“-Ideologie aus „Red Skies“ gegenüber.

Völlig absurd wird dieser Idealismus allerdings bei der Erinnerung an eine Rede zum US-Mercury-Programm („MA-6“). Hier ging es der US-Regierung weniger darum, Grenzen der Menschheit zu überwinden, als zur Sowjetunion auf dem Gebiet der Raumfahrt aufzuschließen. Dass man vielleicht in den 80ern den Weltraumflug mit der Liebessuche in Beziehung setzen konnte („Gravity“), heißt nicht, dass man das auch heute noch kann. Denn etwa ELON MUSK sieht im Weltall nichts als einen weiteren zu erobernden Markt und China ein weiteres Kriegsgebiet. Dass Coastal beginnen, ihre Alben mit mehr Inhalt als Retromanie zu füllen, ist vielleicht ein Schritt voran. Aber es kommt immer noch zu wenig v.a. musikalisch herum.

 

Coastal
Heartbeats
(Aztec Records)
VÖ: 05.05.2023

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