Coverfestival Davos 2019 – Der komplette Ticker

BRUCE SPRINGSTEEN, GREEN DAY, TINA TURNER sowie, huch, QUEEN und, wie bitte, NIRVANA und, da piept’s wohl: die BEATLES? Das Lineup des Festivals, das vom 28. bis 31. März in Davos steigt, ist eines für die Ewigkeit. Da macht es fast nichts, dass keiner der genannten Acts in dem kleinen Schweizer Ort vorbeischaut – denn beim COVERFESTIVAL DAVOS stehen – natürlich – Coverbands auf den Bühnen, die hier klingende Namen wie Bolgenschanze oder Parsennhütte tragen. Ein besonderer Gag: ELTON JOHN ist stilecht in einer Dinner-Show im Hotel Intercontinental zu erleben. Festival und Region haben uns eingeladen, den Spaß, der in diesem Jahr mit der fünften Ausgabe sein erstes kleines Jubiläum feiert, aus nächster Nähe zu erleben. Das wollen wir natürlich mit euch teilen – und tickern daher kräftig mit.

Foto: Uli Cremerius  / Coverfestival Davos

Donnerstag, 28. März

Was für ein großer, was für ein grotesk großer Spaß die ganze Chose werden würde, zeichnete sich schon beim Eröffnungskonzert in der MONTANA BAR in Davos Dorf ab. Wer aus der lässig verranzten Bar Richtung Live-Bühne schaute, musste sich schon ziemlich nah an diese heran bewegen, um zu erkennen, dass der falsche BRYAN ADAMS nicht der richtige BRYAN ADAMS ist, sondern ein Tribute-Sänger aus Dänemark. Schnell merkt man auch: Niemanden schert’s. Was soll’s: Adams spielt sich durch ein Best-Of-Set, bei dem jeder am Start ist, aber auch jeder noch mal extra aufhorcht und glaubt, hey, ich spinne, als der Mann den Tina Turner-Duett-Evergreen „It’s Only Love“ singt – und zwar mit beiden Stimmen und die auf den Punkt. Hinten raus, natürlich: „(Everything I Do) I Do It For You“ und der Dauerbrenner „Summer Of 69“.

Foto: Uli Cremerius  / Coverfestival Davos

Dann schnell in die Taxe und rauf nach Davos City, wie man hier so schön sagt – immerhin 10.000 Menschen mehr leben hier als im Dorf weiter unten. 13.000 nämlich. Und gefühlt 25.000 davon sind in der BOLGENSCHANZE, um, das wissen sie noch nicht, ein komplett irres Konzert zu erleben. Womöglich das beste, das eine Tribute-Band je auf die Bretter gebracht hat. Das Coverfestival ist ja eigentlich ein Tribute-Festival, das man aber aus Gründen der Vermarktung und Vermittlung nicht so nennen wollte. Ganz egal wird das dort, wo Bands Tribut gezollt wird, die sich ohnehin schamlos in der Musikgeschichte bedienen. Wie die BLACK EYED PEAS, die an diesem Abend ELEPHUNK heißen. Oder andersrum, wer weiß das am Ende der gut drei(!!!)stündigen Show, die natürlich die Hand voll Gassenhauer kennt, für die die Formation bekannt geworden ist, die aber irgendwann komplett aus dem Rahmen läuft, bei Bob Marley absteigt, mit House Of Pain einen drauf macht und mindestens eine Konfettikanone später mit Coolio kuschelt. Das Publikum kennt kein Erbarmen, die Band kennt kein Erschöpfung. Mehr Spaß kann man auf einem Nebenschauplatz der Popmusik nicht haben.

Foto: Uli Cremerius  / Coverfestival Davos

Freitag, 29. März

Um es in Anlehnung an einen Marcel Reif, an einen Wolff Fuss zu sagen: Stell dir vor, es ist angerichtet – und keiner kommt. Die BOLGEN PLAZA ist ein Traum von einer Open-Air-Location, weitläufig und doch gemütlich vor der Bühne, hinter der Snowboarder ihre Half-Pipe hinunterzischen. Das Wetter ist ohnehin ein Traum. Dann kommen U2 auf die Bühne, also „U2“ (nämlich ACHTUNG BABIES) – und die Show krepiert im Rohr. Die Songs der Iren, über die Jahre mehr und mehr zum Kuschelrock fürs Stadion aufgeschwemmt, taugen nicht, um ein Publikum in Fahrt zu bringen, für das das Après-Ski-Programm an diesem Tag scheinbar zu früh begonnen hat. Soundhickhack und eine Setlist, die – vom freilich perfekt passenden „Beautiful Day“ mal abgesehen – für die Hits zu lang braucht, tun ein Übriges. Fade.

Foto: Uli Cremerius  / Coverfestival Davos

Der Abend in der BOLGENSCHANZE wiederum gestaltet sich ausgesprochen spannend. NIRVANA sind angekündigt, und so finden wir uns im Zentrum eines ganz eigenartigen Spannungsfeldes wieder: zwischen dem Mythos von Kurt Cobains Verweigerung der großen Geste, dem Kontext des Coverfestivals, das per se nur Geste sein kann, und der seltsamen Evolution der mit der Zeit zu Gassenhauern mutierten Nevermind-Klassiker. NIRVANA UK lösen das Ganze  auf verblüffende Weise auf, in dem sie einfach nicht sonderlich gut spielen. Das Timing sitzt nicht, der Sound ist dumpf und stumpf – näher dran an der Verweigerung ginge gar nicht. Wenn nicht die Idee, das sei ein einziger cleverer Act, durch Gewäsch zu warmem Bier und der obligatorisch-bescheuerten Anheizerfrage nach der guten Zeit zunichte gemacht würde. Einerlei: Das Publikum, das augenscheinlich durch die Bank bei Cobains Tod anno 1994 noch nicht auf der Welt war, dankt es der Band und rastet sogar ein bisschen aus beim einzigen Song, den es aus der Dorfisko kennt. Da sind wir nun. Entertaint uns!

Foto: Uli Cremerius  / Coverfestival Davos

Samstag, 30. März

Im goldenen Ei, das eigentlich ein goldener Tannenzapfen ist, anders: Im nicht eben schmucken Konferenz des ansonsten recht schmucken HOTEL INTERCONTINENTAL steht ein Klavier und niemand spielt darauf. Das Mischpult hat spontan den Geist aufgegeben, weswegen nun das Exemplar aus der BOLGENSCHANZE (das eigentlich für den abendlichen Einsatz im Dienste von GREEN DAY vorgesehen war) herübergekarrt werden muss. Das dauert ein Weilchen, die Küche aber, für die Dinnershow mit ELTON JOHN längst auf Hochtouren, kennt keine Verspätung – weswegen das Abendessen im Grunde, haha, gegessen ist, als der gebührlich grell in Federboa und Lupenbrille geschmissene Sänger den Laden so langsam auf Laufen hat. Ja, an diesem Abend, an dem das Essen vernünftig ist, die Setlist solide, das großenteils geladene Publikum ein bisschen blasé, aber oké – an dem mag alles einfach nicht so recht zusammenpassen.

Sonntag, 31. März

Auf der BOLGENPLAZA bleibt es still, denn BRUCE SPRINGSTEEN ist im VW-Bus über alle Berge verschwunden. Angeblich hat der Mann nicht nur amtlich über die Strenge geschlagen (was wir nun wirklich nicht verurteilen wollen), sondern am Samstag auch mit Null-Bock-Attitüde unterperformt (was wir verpasst haben). Die Veranstalter haben den Gig auf der BLOGENPLAZA also kurzerhand abgesagt. Dass wir pünktlich und brav im Zug Richtung Zürich sitzen, tut also schon ein bisschen weniger weh. Adé!

Die Reise erfolgte mit Unterstützung von Schweiz Tourismus, Swiss International Air Lines und Swiss Travel System, das die Zugfahrt von Zürich nach Davos zur Verfügung gestellt hat.

www.coverfestival.ch

 

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