
Vor genau einem Jahr erschien der erste Sampler als Soundtrack für die Hörspielreihe Dämmerland. Das Projekt versammelte einen großen Teil der deutschen Mittelalter-Szene, die sich hier poppig weichgespült für Kinder präsentierte. Unabhängig vom Inhalt des Fantasy-Hörspiels wurde Familien wenig Substanz geboten. Die musikalische Begleitung war dennoch so erfolgreich (Platz 2 der Deutschen Albumcharts), dass jetzt weitere 12 Titel vereint als Dämmerland 2 vorliegen, jedoch nicht nur aus der Mittelalter-Sparte. Die Songs kommen diesmal auch aus dem Deutschrock- und Metal-Bereich. Sie unterstützen den zweiten Teil der Reihe, der seit dem 21. März mit rund sechseinhalb Stunden Spieldauer auf sechs weiteren CDs erhältlich ist.
Selbstverständlich lässt es sich Initiator MALTE HOYER nicht nehmen, mit VERSENGOLD den Auftakt „Schiff Aus Glas“ zu gestalten: erneut seemännisch angehauchte Deutschpop-Fantasymusik.
Kollegin ANNIE HURDY GURDY (ELUVEITIE) begleitet diesmal THE DARK TENOR: „Sand Der Zeit“ ist nachdenklicher gestaltet und qualitativ hochwertige Filmmusik wie für einen neuen Disneyfilm. Und sofort wird es wieder scheußlich, wenn Annie in „Von Welt Zu Welt“ selbst versucht, verträumt und elfengleich zu trällern. Bei ihrem Schlager-Sing-Sang rollen sich dem Folkhörer die Zehennägel auf: „Von Welt zu Welt erklingt ein Lied. Es wird von sanften Flügelschlag getragen. Es öffnet manch‘ geheime Tür und singt für dich von zauberhaften Sagen.“
Auch MR. HURLEY UND DIE PULVERAFFEN sind wieder am Start und singen in „Mehr Ist Mehr“ fröhlich zum Akkordeon das ökonomische Optimierungscredo: „Fragst du dich nach deinem Sinn auf der Welt, dann singen wir: ‚Komm, stuf dich hoch!'“ Schon RAMMSTEIN hatten die Gier mit „Mehr“ besungen. In Rammsteins Auseinandersetzung mit den Fall Josef Fritzl „Wiener Blut“ kam wiederum die finstere Begrüßung „Willkommen in der Dunkelheit!“ vor, die auch im erstaunlich gruseligen „Dunkelheit“ von EISBRECHER erklingt, das hier als Deutschrock vorgetragen wird. Was E-Gitarren betrifft, wurde im Vergleich zum Vorgänger-Album also deutlich aufgerüstet. Und Neue Deutsche Härte bekommen die Hörer mit „Lauter Lügen“ von HÄMATOM um die Ohren gehauen, was heftiger fetzt als Rammsteins „Lügen“. Diese Populismus-Kritik hat es in sich: „Wahrheit sagt nur der, der lauter schreit!“
War Rammsteins „Rosenrot“ eine Adaption von Goethes Heidenröslein, ist das gleichnamige Lied von JENNIFER HABEN, EKLIPSE und BEYOND THE BLACK ein trauriger Poprock-Abschied von der großen Liebe, symbolisiert durch einen verwelkten Rosengarten. ASH & INDIGO erzählten vor kurzem ähnliches von einem verstaubten Raum („Empty Room“).
„Wie Du Mir“ ist ein witziger Chanson, in dem VITO C. von J.B.O. clever den Unterschied zwischen Gerechtigkeit und Rechtsbarkeit erklärt. Diese Musicalnummer ist die beste des Albums. Alberner ist „Außer Suppe, Alles Schnuppe“ von Komiker BÜLENT CEYLAN. Der Türsteher-Rockabilly „Du Kommst Hier Nicht Rein“ von THE BASEBALLS hat dann tatsächlich Witz. Überdreht dramatisch klingt mal wieder JOACHIM WITT, der hier mit dem seltsamen Gothic-Beitrag „Umarme Das Universum“ vertreten ist.
Zum Abschluss gibt es gelungenen Indiefolk von THE TROUBLE NOTES mit dem väterlichen „Für Fiete“. Das zweite Album der Dämmerland-Saga wartet also mit ein paar ernsteren, deutlich besser geschriebenen Songs auf, die auch Papa gefallen dürften.
Dämmerland
Dämmerland 2
(Universal)
VÖ: 21.11.25