Deleste Festival 2025 Valencia – Der komplette Ticker

POPTRAVEL. Unter diesem Namen berichten wir in unregelmäßigen Abständen vermehrt von unterwegs: Porträts, Interviews, Konzert- und Festivalberichte im berühmten Blick über den Tellerrand. Diesmal geht es übers Wochenende nach Valencia …

Hier läuft ab Freitag, den 16. Mai, unser fixer Ticker zu beiden Festivaltagen. Unsere Highlights im Billing der bereits 13. Ausgabe sind TEENAGE FANCLUB und DEATH IN VEGAS (beide spielen am Samstag) – das komplette Line-up gibt’s auf der Festivalhomepage (siehe unten). Bis dahin schon mal viel Spaß mit den Eindrücken aus der 2024er-Ausgabe im Video oben …

Foto: neverleavetheclouds

… bueno, und da sind wir auch schon – mit den Eindrücken von Tag 1. Das Festivalgelände, das wir pünktlich betreten, als der Bühnensound hochgefahren wird, ist bequem zu Fuß vom wunderschönen historischen Stadtzentrum aus zu erreichen: ein kurzer Lustwandel über den Puente del Real aus dem 16. Jahrhundert, durch eine graffitibemalte Unterführung (der Verkehr hat auch hier wie vielerorts in Südeuropa seine Schneisen durch die Fußgängerfreundlichkeit geschlagen) und schon geht es in die königlichen Görten, die Jardines del Real oder, wie sie demokratischer auch genannt werden, die Jardines de Viveros.

Die Lokalmatador*innen von FAIXA haben die undankbare Aufgabe, den Soundtrack zum Erkunden der Festival Grounds und zum ersten Getränk zu liefern, während die Sonne noch gnadenlos auf den (ausgelegten künstlichen) Rasen brennt. Dabei hätte ihr Mix aus Electronica und traditioneller valencianischer Folklore durchaus eine größere Bühne verdient. Wobei man sagen muss, dass die Bühne für ein städtisches Festival in der Tat mehr als imposant ausgebaut ist. Cudos – der den ganzen Abend über fantastisch klare und kontrastreiche Sound ist der Lohn der Mühen.

Next up sind ANNA OF THE NORTH, denen wiederum etwas weniger Zeit als die gute Stunde gutgetan hätte, die man der Poprock-Formation um Sängerin ANNA LOTTERUD eingeräumt hatte und die sie nur mit mehreren Längen gefüllt bekommen. Neben einer amtlich deplatziert wirkenden Cover-Version von „Nothing Compares 2 U“ („wir dachten, ihr kennt uns hier vielleicht nicht, darum spielen wir einen Song, den ihr definitiv kennt“) gibt es so immerhin einen brandneuen Song zu hören, der laut Lotteruds jüngstem Instagram-Post – gerade mal einen Tag alt ist und dem Anschein nach auf den Namen „Give Me Your Love Back“ hört. Lotterud versucht, ihn abzumoderieren („das wird jetzt richtig schlecht“), doch die Nummer sitzt.

Foto: neverleavetheclouds

YELLOW DAYS waren die Leftfield-Überraschung des Abends. Der von Brite kombiniert beeindruckend souverän Funk und was man früher wohl „Blue-eyed Soul“ genannt hätte und dominiert diese Fusion mit seiner enorm kraftvollen, zugleich verspielten Stimme und einer verspielt schamlosen Selbstsicherheit in der Performance. Beim Wechsel von den Keys an den Bass, definitiv neben den Vocals das wahre Calling von GEORGE VAN DEN BROEK, wie der in den letzten Jahren vom Jünglich zum Koloss gereifte Musiker mit bürgerlichem Namen heißt, muss sich schon mal das Shirt verabschieden – dass der Abend längst frisch geworden ist, wen kümmert das schon? Und zum Ende seines Hauptsets (der Mann hat glatt eine Zugabe in sein Set programmiert, auf Festivals auch nicht alltäglich) hüpft er von der Bühne, um die Frontrow abzuklatschen und zu umarmen – und hat anschließend sichtbar Mühe (und dabei gleichzeitig einen Mordsspaß), wieder auf die Stage zurück zu seiner coolen Begleitcombo zu kommen.

Vielleicht waren YELLOW DAYS aber auch der wahre Headliner. Das legendäre Electronica/Clubbing-Duo KRUDER & DORFMEISTER hatte diesen Slot zwar nominell inne, und die Party, die die Wiener unter dem nächtlichen Himmel von Valencia rockten, war auch 1a – aber eben doch eine elektronisch kühle Performance im Vergleich zu van den Broeks loderndem Soul.

Foto: neverleavetheclouds

Wir sind nun auch schon bereit für Tag 2, der mit einer Satelliten-Performance der Sängerin ANA ZOMEÑO im ebenfalls in den königlichen Gärten beheimateten Museo de Bellas Artes beginnt. Bis später …

… ein tolles Konzert! :) Die Musikerin aus Valencia, begleitet lediglich von einer Kollegin am Bass, weiß das hübsche, so (himmelblau wie der echte Himmel über Valencia an diesem Tag) himmelblau ausgemalte Atrium des Museum mit ihren warmen Gitarrentunes wunderbar zu füllen. Nach der kurzen Nacht haben sich das Aufstehen und der Spaziergang zum Park definitiv gelohnt …

… und das war Tag 2: Nach dem Warm-Up durch die ebenfalls aus Valencia stammenden Indierocker MR SANCHEZ gab es eine weitere Überraschung zu bestaunen: Die Jungspunde DEADLETTER, deren Debüt-LP erst im vergangenen Herbst erschienen war, haben einen Sound gemeistert, den man vor 20 Jahren wohl nicht ohne Verbindung mit dem Wortkoloss „Gang-Of-Four-Epigonen“ hätte hören können. Heute denkt man bei der aus dem Süden Londos stammenden Band halt vor allem an Kollegen wie FRANZ FERDINAND oder, dank der interessanteren Ryhthmik, an die unterbewerteten HARD-FI. Trotzdem haben DEADLETTER jede Menge Punk in ihrem Post-Punk – was sie aus dem Stand zu Festival-Geheimtipps macht.

Von einem Geheimtipp kann man bei TEENAGE FANCLUB freilich nicht sprechen. Die Popmonitor-Helden spielen ihren kuscheligen Jangle-Indie-Pop, als hätten die Neunziger nie aufgehört (neue Songs, die sich durchaus in der Setlist der auch studiotechnisch nach wie vor aktiven Briten finden, hin oder her), was ihnen das augenscheinlich gesund mit ihnen mitgealterte Publikum beim Deleste auch mit beschwingtem Schunkeln und bravem Applaus dankt. Andererseits: Jedes Festival braucht (mindestens!) eine Band, die man sich bestens im Sitzen von der Wiese aus ansehen kann, und hier und heute waren es TF.

Beim DELESTE werden ganz offensichtlich Lieblingsbands gebucht, und zwar in wohlverdiente große Slots. THE VACCINES zeigten dabei mit ihrem begeisternden Gig, wie man die Gunst der Stunde nutzt und quasi innerhalb einer Show vom Support zum Headliner reift. Die Londoner Indie-Glam-Rocker sind längst etwas wie die eleganteren, zugleich entspannteren KILLERS (man stelle sich vor, BRANDON FLOWERS würde jedem zugeworfenen Glücksbärchi einen Platz an der Sonne – am Drumkit – spendieren, wie hier und heute Abend passiert), hat aber auch die Songs beisammen, die es braucht, um eine Crowd vom ersten bis zum letzten Takt im Griff zu haben. So werden perfekte, aber bislang eben auch perfekt nahezu undercover laufende Songs wie „Headphones Baby“ oder „Sometimes, I Swear“ (der Opener von Pick-Up Full Of Pink Carnations aus dem letzten Jahr) zu unvergesslichen Momenten. Damn!

Kuriose Randnotiz: Auch der Preis für den ungewollten Lacher des Wochenendes geht an die VACCINES: Als das Publikum nach dem ersten Song den zu diesem Moment noch unglücklichen Sound-Mix mit wohlwollenden „No se oye“-Rufen („Man kann nichts hören“) kommentierte, zeigte Sänger JUSTIN JAMES HAYWARD-YOUNG sein ganzes Spanisch-Können und antwortete: „Gracias! We Are The Vaccines!“ Großes Glück für alle, dass der Sound nur wenig später besser aufgeräumt war.

Vergleichbar zum Vorabend war danach zwar noch eine Formation gebucht, der emotionale Höhepunkt aber erreicht und überschritten. DEATH IN VEGAS genießen dank ihrer Alben ums Jahr 2000 herum (vor allem dank dem All-Time-Classic The Contino Sessions) Legendenstatus, zuletzt war es aber lange, lange still gewesen um die Electronica-Formation um RICHARD FEARLESS. Mit Death Mask ist nun für Juni nach fast zehn Jahren ein neues Album angemeldet, das sich scheinbar – wir kennen bisalng auch nur die drei vorab releasten Tracks – stark Richtung Droner-Electronica orientiert. Und farbgetränkte Kunsteisschwaden zu langen Build-Ups ohne Bums machen zwar durchaus etwas her, funktionieren aber eben auch bestens als Rausschmeißer. Wie sich das DELESTE vor und mit der Performance leerte, so verabschieden auch wir uns von diesem wunderbaren kleinen, aber von einem tollen Booking und einem fast immer sensationellen Sound getragenen Festival. Hasta la próxima!

www.delestefestival.com

Hotel

Wir sind im NH Valencia Las Artes untergebracht – direkt am spektakulären Calatrava/Candela-Komplex der Ciutat de les Arts i les Ciències, dem modernen Wahrzeichen der Stadt – aber auch rund zwei Kilometer vom Festivalgelände entfernt. Wer nur fürs Deleste Festival in die Stadt kommt, findet also nähergelegene Alternativen bis hin zum Luxushotel in der Altstadt, logo.

www.nh-hotels.com/es/hotel/nh-valencia-las-artes

Gastronomie

Zuletzt gab es einiges zur Kultur des ausgiebigen Frühstückens in Valencia zu lesen (zum Beispiel hier bei den Kolleg*innen von „El Pais“, auf Spanisch) – doch für gepflegte Festivalfreunde ist ja bekanntlich der späte Mittagstisch das beste Frühstück. Wir haben uns daher auf die Foodtrucks am Gelände orientiert, wo mit (auch) vegetarischen Burgern und (auch) veganer Pizza mit, man darf es so sagen, richtig geilen Nüsschen auf dem veganen Käse ein Angebot für alle gab.

Die Reise wird unterstützt durch Turespaña und Visit Valencia.

www.tourspain.eswww.visitvalencia.com

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