Electronic Pleasures Festival IV am 02.12.2006 im K17


Das zweite Türchen aufgemacht – dem Elektrofan das Herze lacht.

Manchmal kann man nur staunen, wie solch prophetische Aussagen ihre Erfüllung finden. Trotz Weihnachtsstress, familiären Verpflichtungen und anderen Übeltaten verirrte sich doch eine relativ große Gruppe Elektrofans in das K17, um dem Alltag zu entfliehen und sich musikalisch berieseln zu lassen. Wider Erwarten begann das musikalische Abendprogramm relativ zügig, so dass dem erstaunten und leicht verspäteten Redakteur keine Zeit zum Verschnaufen blieb.


PATENBRIGADE: WOLFF

Um 20:10 betrat die PATENBRIGADE: WOLFF die Bühne und sorgten für die erhoffte Bauarbeiteratmosphäre. In der für Kranführer gängigen Schutzbekleidung (orangene Arbeitskluft und gelbe Schutzhelme) überbrückte die Formation um SVEN WOLFF und LANCE MURDOCK die auf der Bühne eingerichtete Baustellenabsicherung und fanden den direkten Draht zum Publikum. Über 20 Minuten präsentierten sie minimal-industrielle Klänge mit Gegenwartsbezug und gehörigem Ohrwurmpotenzial.


AESTHETIC PERFECTION

Nach einer kurzen Umbaupause begannen AESTHETIC PERFECTION, den Beschallungsmarathon fortzusetzen. Musikalisch bedeutete dies eine Reise hin zu harscheren elektronischen Flächen gepaart mit kräftig verzerrten Gesängen, wie man sie von Bands wie Agonoize kennt. AESTHETIC PERFECTION-Mastermind DANNY GRAVES war die Freude über den Auftritt sichtlich anzumerken. Der in Berlin beheimatete Amerikaner tanzte über die Bühne und feierte zusammen mit den ersten Reihen jeden einzelnen Ton. Zu Titeln wie ‚Architect‘ und ‚Coward‘ entstand so eine Atmosphäre, die der Selbstbeschreibung der Band zu widersprechen scheint: „Aesthetic Perfection is music without a cause. … Music designed without purpose“ (Zitat einer Selbstbeschreibung auf der bandeigenen Myspace-Seite). Die bei den Anwesenden zu beobachtende Freude und Begeisterung sprechen eine andere Sprache. (Weitere Bilder findet ihr in unseren

Mit CULTURE KULTÜR wurde es dann wieder etwas synthiepoppiger, also im großen Ganzen etwas kuscheliger. Leider waren die Spanier nicht in kompletter Besetzung zu bestaunen. Von den Masterminds war lediglich Frontmann SALVE MAINE anwesend, der durch DISTORTIONGIRL kräftig an den Keys unterstützt wurde.

Musikalisch boten CULTURE KULTÜR dennoch eine hochwertige Performance. Einziger Anlass zur Meckerei ist die gewählte Tracklist. So ballten sich die allgemein bekannteren und dynamischeren Werke, wie ‚The only one‘, am Anfang des Auftrittes, was über die Zeit zu Ermüdungseffekten und Symptomen von Langeweile führte. (Weitere Bilder findet ihr in unseren

Seit 2004 wieder im aktiven Dienst (Gott sei Dank), bot sich an dieser Stelle die Möglichkeit die EBM-„Bühnenluder“ von TYSKE LUDDER live zu erleben. Eine Erfahrung, die man eigentlich nur weiter empfehlen kann. Zwar zählt die Formation um Frontmann ALBERT-X dem Durchschnittsalter nach nicht mehr zu den Youngsters der Szene, dennoch schaffen sie es immer noch dem Bühnengeschehen eine Dynamik zu verleihen, von der viele sich eine Scheibe abschneiden können.

Nicht nur musikalisch, sondern auch hinsichtlich ihrer Bühnenperformance präsentierten sich TYSKE LUDDER ausgereifter und weniger minimalistisch als zu Beginn der Bandkarriere. So sorgte beispielsweise eine gekonnte Videoshow für die passende stimmungstechnische Rahmengebung.

Inhaltlich bleiben TYSKE LUDDER auch in ihren neueren Werken im Wesentlichen bei der von ihnen gewohnten Auseinandersetzung mit Politik, Religion, Macht, Gesellschaft, Krankheit und Tod.

Zu Titeln wie ‚Monotonie‘ und ‚An vorderster Front‘ entwickelte sich vor der Bühne ein recht reges Tanzgeschehen, was auf Berliner Elektrokonzerten nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist. Gerade Anhänger des Old-School-EBM-Line-Dancing kamen dabei auf ihre Kosten. Die allgemein verbreitete Freude fand ihren Höhepunkt in der Bühnenbesteigung durch einen Hardcorefan, der dann sogleich dort oben weiter feierte. (

Auch SERO.OVERDOSE traten diesen Abend in geschwächter Besetzung auf. So musste das Publikum leider auf OLIVER SÄNGER (keys) verzichten, da dieser gerade mit Agonoize in Kaiserslautern weilte.

Da ich SERO.OVERDOSE bereits eine Weile nicht mehr live gesehen habe, war das Konzert für mich die perfekte Möglichkeit, die größten Veränderungen des letzten Jahres zu begutachten. Schließlich sind die Jungs bei uns ja vor geraumer Zeit zum gewählt worden. Die bedeutendsten Veränderungen sind personeller Natur. So zog sich MIKE JOHNSON aus der Live-Arbeit zurück und RENE MEERKAT, dem einen oder anderen vielleicht noch bekannt von Dark Voices, rückte an die Keys. In gekonnter Weise unterstützt er seitdem auch ANDRÉ durch Backing Vocals.

Für die Jungs war das Heimspiel im K17 nach eigenen Aussagen etwas besonderes, da ihr neues Album Heading For Tomorrow kurz vor der Veröffentlichung steht und das Konzert die Live-Einführung des neuen Soundmaterials darstellte.

In gewohnt poppiger Manier begeisterten SERO.OVERDOSE die anwesenden Gäste. Dabei hatten sie wohl den lautesten weiblichen Fanclub des Abends, der die Band mit Kreischen und „Ausziehen!“-Rufen feierte. Aber auch das übrige Publikum schien positiv beeindruckt und genoss sichtlich neues und altes Songmaterial. Zu Smashern wie ‚She‘ und ‚The One‘ wurde getanzt und gefeiert. Im Ganzen also eine sehr gelungene Sneak-Preview in Kombination mit einem Best-Of des bisherigen Materials.



Im Gesamtbild kann man der RGKP (Reisegruppe Köpenick) nur zu dem gelungenen Abend gratulieren. Das Electronic Pleasures Festival hat sich zu einer festen Größe der Berliner Musikfestivals gemausert und wird hoffentlich auch nicht so schnell wieder verschwinden: Ein sehr gelungener Abend mit Spannung, Freude und viel guter Unterhaltung.

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[URL“>http://www.rgkp.de

Fotos: © Christoph Albrecht
Autor: [EMAIL=christoph.albrecht@bands-in-berlin.com?Subject=Kontakt von der Website]Christoph Albrecht[/EMAIL]

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