Vor vier Jahren breitete FLOWER FACE mit Baby Teeth ihren Indiepop als bittere Abrechnung mit oder seelige Sehnsucht nach Kerlen aus. Jetzt zielt sie auf ein deutlich breiteres Publikum.
„Spinacle“ beginnt mit entfernten E-Gitarren-Spuren, denen sie ihren gehauchten Gesang hinzufügt, mit dem sie eine riesige Auflistung von Wünschen an den Liebsten verliest. Da will jemand wirklich mehr.
„Cornflower Blue“ ergibt dann ein richtiges Liebeslied und die Wünsche gehen weiter: „I wanna lay on the kitchen floor with you.“ RUBY MCKINNON kommt aus ihrem Hauchgesang gar nicht mehr heraus, aber doppelt ihn zumindest. Dazu gibt es halbgaren Gitarrenpop auf einem Level fast so schlimm wie TAYLOR SWIFT. Was ist da passiert? Auch das nachdenkliche „Maybe“ lässt Kreativität missen bis auf einen ausgereiften Stille-Musik-Mix.
Zweifellos wird dieses Album aufgrund seiner Radio-Affinität mehr Hörer finden. Doch schon beim Vergleich des Songs „Isobel“ mit einem Lied gleichen Namens wird deutlich, dass Flower Face nicht das Divenformat einer DIDO hat. Zu wenig eingängig sind die 10 Liedchen. Dazu fehlt ihrer Stimme vor allem Volumen und Variation, ihren traurigen Songs die Showfähigkeit.
Ein Singer/Songwriter wie „Back To You“ macht deutlich, wo ihre Stärken liegen: im Geschichten erzählen. Hier vermittelt sie zu Akustikgitarre und Cello den typischen Eindruck von einem Kerl, der in der Beziehung nur die seiner Eltern kopiert: „Don’t you make the same mistakes your father did. You are not him!“ Beim Thema Sehnsucht kann sie GIRL IN RED die Hände reichen („October Birds“).
Flower Face
The Shark In Your Water
(Nettwerk Music Group)
VÖ: 27.05.2022