… darüber, wie schön Scheiße fressen sein kann!
„25 Years of Bullshit“ war das Motto mit dem HENRY ROLLINS wie schon im letzten Jahr die Passionskirche am Mehringdamm heimsuchte, um seine Verbalattacken zu propagieren. Zuallererst muss ich ja zugeben, dass ich eigentlich viel zu befangen bin, eine Rezension über irgendwas zu schreiben, was Mr. Testosteron so macht, insbesondere wenn er seine kleinen Geschichten erzählt. Wenn man aber davon ausgeht, dass sich das gesamte Publikum zwei Stunden lang zwischen Bauchhalten, Staunen und wohligem Grinsen hin und herwiegte, muss ich mir wohl keine Sorgen um meine Präferenzen machen.
Die Passionskirche war um 20.30 schon so voll, dass es bloß noch auf der Empore Plätze gab, aber weil man sich da nicht direkt angesprochen fühlt, hab ich’s mir (ganz frech) einfach vorne, auf einem der seperaten Stühle, bequem gemacht und wurde dafür auch noch mit einem Gratis-Bier eines der Platzanweiser belohnt – tja, Frechheit siegt. Nicht im Falle von Herrn ROLLINS, der seine Darbietung, wie immer schlicht im schwarzen Shirt und schwarzer Hose, mit einer Generalentschuldigung für seine nationale Abstammung begann, und weiterfuhr, wie schnell man in Australien zu einer politisch fragwürdigen aber „Interesting Person“ werden kann, wenn man auf einem Flug zum BIG DAYS OUT-Festival ein Buch über den Djihad liest, nur um nicht dumm zu sterben.
Es war schnell klar, dass jeder in der Passionskirche von nun an an den Lippen und verbalen Soundeffekten, wie das Zuschieben von Stahltüren im Transsibirischen Express, der „Animal Machine“ hing und bis zum Schluss nicht mehr davon loskommen sollte. So verfolgten wir Geschichten über einen schwulen persischen Taxifahrer namens JAZZ, welcher HENRY ohne anfängliches Einverständnis seine private Telefonnummer abschwatzen konnte, darüber, dass Spaß der größte Feind des großen Mannes ist, über seine Probleme mit einer Platzanweiserin im Transsibirischen Express und deren furchtbare Kochkünste und die daraus folgende Kunst, sich richtig zu übergeben, über die Schwierigkeit, Windeln zu wechseln, wenn man sowas noch nie gemacht hat, über Condoliza Rice als Bandmember der neuen imaginären Newcomerband BLACK LESBIAN PRESIDENT, eine Lobhymne auf das deutsche Cateringverhalten sowie sein legendäres Treffen mit dem frisch angeschossenen Werner Herzog …
Danach viel Jubel um alltägliche Geschichten eines rastlosen Rock&Roll-Zynikers in einer Welt voller liebevoller Idioten, und die Hoffnung, dass ihm diese nicht so bald ausgehen werden.
HENRY ROLLINS sprach am 19.03.06 in der Passionskirche.
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Autor: [EMAIL=mirco.erbe@b-i-b.de?Subject=Kontakt von der Website]Mirco Erbe[/EMAIL]