Interview mit LINGBY


„Wenn ein Song eine Rassel, Maultrommel oder Trillerpfeife braucht, dann bekommt er auch, wonach er verlangt.“



Die in Köln beheimateten LINGBY, die bei aller bescheidenen Zurückgenommenheit dem großen, gerne orchestral ummantelten Popsong weiterhin beharrlich auf den Fersen sind, blicken auf ein bis dato äußerst ereignisreiches Jahr 2013 zurück, zu dessen Highlights zweifellos auch der Auftritt beim Melt! Festival zählte und das nun in einer kleinen Herbsttour seinen vorläufigen Abschluss findet (Tourdaten siehe unten).

Anlässlich ihres am kommenden Freitag (25.10.) anstehenden Auftritts im Rahmen von (inkl. der Videopremiere zum Song „I Worked For The Light“) stand uns Schlagzeuger und Band-Produzent Dennis noch für ein ausführliches Interview zur Verfügung.

Popmonitor: Nach mehreren Besetzungswechseln in den Jahren zuvor hat sich 2012 mit Maik, Dennis und Carmen eine neue Band-Konstellation ergeben. Wurde dbzgl. gezielt gesucht und welche Kriterien mussten die neuen Mitglieder erfüllen, um Teil der Lingby-Familie zu werden? Gab es bestimmte Vorgaben?

Dennis: Ich habe Lingby im Jahr 2008 zum ersten Mal als Vorgruppe von Sometree im Blue Shell in Köln gesehen. Ich war von ihrem Konzert total begeistert und konnte es kaum glauben, dass diese Band aus der selben Stadt kommt wie ich. Die außergewöhnliche Instrumentierung, damals u.a. noch mit Cello und Omnichord, hätte ich eher in einen internationalen Kontext eingeordnet. Ich habe Willi schon an diesem Abend angesprochen und ihm gesagt, dass ich mich gerne musikalisch bei Lingby einbringen wollen würde. Nach weiteren Konzertbesuchen und kontinuierlichen Belagerungen von meiner Seite, hat er mich vor gut 2 Jahren als Live-Techniker für das Motoki-Wohnzimmer, für das er damals noch Konzerte veranstaltete, engagiert. Als ihr alter Schlagzeuger David Caspar dann 2012 ausgestiegen ist, um sich voll und ganz auf seine Kunst konzentrieren zu können, habe ich ihm umgehend angeboten mieinander in den Proberaum zu gehen. Mit Maik hatte ich zu der Zeit schon verschiedene Bandprojekte. Wir machen seit unserem 13. Lebensjahr zusammen Musik. Durch die personelle Umdispositionierung sind sowohl er, wie auch Carmen, die allerdings bei Konzerten und dem ersten Album bereits involviert war, als feste Bandmitglieder dazugekommen.

Schreiben immer noch ausschließlich die Gründungsmitglieder Willi und Judith die Songs oder sind auch die neuen Mitglieder beim Songwriting involviert? Gibt es generell (internationale/nationale) Vorbilder in Sachen Songwriting bzw. überhaupt musikalische Vorbilder, auf die sich alle in der Band einigen können?

Willi und Judith sind die Songwriter der Band. Beide arbeiten zu Hause an Ideen und Songskizzen. Wenn sie diese dann in den Proberaum mitbringen, kann jedes Mitglied seinen Teil dazu beisteuern und weitere Impulse setzen. Meistens sind die Klangvorstellungen relativ klar und einheitlich. Dies liegt wohl auch daran, dass wir alle viel Musik hören und durchaus gemeinsame Inspirationsquellen beziehen. Ich denke, unser Musikgeschmack ist so breit gefächert, dass es wenig Sinn macht, einzelne Bands aufzulisten.

LINGBY Herbst Tour 2013 + Video Premiere „I Worked For The Light“ from Jakob Storm on Vimeo.

Laut Presseinfo ist Judith für die düsteren, Willi für poppigeren Momente zuständig. Geht das immer gut zusammen oder stößt das auch schon mal auf Ablehnung beim jeweils anderen?

Judith hat sowohl eine bunte Seite, wie Willi eine düstere.

Die mitunter verwendeten Wald- und Flügelhörner sind ja auch im Folk eher ungewöhnliche Instrumente, lassen sie sich stets gut ins Klangbild der Songs integrieren oder ergibt sich das quasi zwangsläufig?

Da wir unsere Musik nicht als „Folk“ kategorisieren würden, haben wir keine Probleme, Instrumente wie das Wald- oder Flügelhorn in die Songs zu integrieren. Generell sehen wir keine Beschränkung in der Kategorisierung unserer Musik. Wenn ein Song eine Rassel, Maultrommel oder Trillerpfeife braucht, dann bekommt er auch, wonach er verlangt. Die Möglichkeit zu haben, Instrumente wie Horn oder Posaune in die Lieder integrieren zu können, sehen wir alle eher als großen Gewinn.

Die Intro spricht u.a. von „traumhaftem Popfolk mit Herz und Hits“ und davon, dass ein Song wie ‚Like A Stone’ „das Zeug zur Hymne“ hat und stellt Vergleiche zu Arcade Fire und Sigur Ros an. Wie sehr überrascht Euch dieser Zuspruch und wie wirkt er sich auf euer Selbstverständnis als Band aus?

Es wäre schade, wenn man mit Leib und Seele Musik macht und davon überrascht ist, dass es jemand gut findet. Arcade Fire und Sigur Ros sind aber definitiv so große Bands, dass ich so einen Vergleich niemals wagen würde. Dennoch freuen wir uns natürlich, dass wir mit ihnen und nicht mit Kalle Knapphausen und den Blutwurstbengels verglichen werden.

Ihr habt bereits diverse Touren im Ausland bestritten. Welche Erfahrungen habt Ihr dabei generell gemacht und wie würdet Ihr diese im Vergleich zu den Konzerten/Touren in Deutschland einordnen?

In den skandinavischen Ländern sowie in der Schweiz kann man schon eine allgemein größere Wertschätzung für musikalische Leistungen feststellen. Natürlich ist es in Deutschland sehr stark davon abhängig, in welcher Stadt und in was für einem Laden man Konzerte spielt. Zum Beispiel ist das Galao in Stuttgart an Gastfreundschaft kaum zu übertreffen. Dennoch scheint das deutsche Publikum im Vergleich aber lieber Geld für Partys und Alkohol auszugeben als für Konzerte oder CDs…

In diesem Jahr habt Ihr euch beim Online-Voting der Intro-User gegen vier andere in die Auswahl gekommene Bands durchgesetzt und im Juli beim Melt! Festival in Ferropolis gespielt. Wie sehr hat es Euch überrascht, diese Ausscheidung gewonnen zu haben und wie würdet Ihr Euren Auftritt dort im Rückblick bewerten? Wie fühlte es sich inmitten einer gewissen Indie-Hipness an, auf die Ihr ja eigentlich weniger Wert legt?

Das Melt! Festival war für uns im Nachhinein eine großes Spektakel! Wir hatten eine tolle Crew, die uns sowohl seelisch unterstützt, wie auch Videomaterial gesammelt hat. Sonst ist man auf Tour immer alleine, wenn es darum geht, alles durch die Gegend zu schleppen. Das Melt! ist ein unglaublich gut organisiertes Festival und es war durchaus interessant, mit Thom Yorke hinter der Bühne die neue Atoms for Peace Platte zu konzipieren. Wenn sie uns nochmal einladen, würden wir bestimmt ja sagen, selbst wenn wir uns dafür komplett blau oder rot anmalen müssten. Aber wer weiß, was nächstes Jahr im Trend liegt.

Wie sehen Eure Pläne für 2014 aus, gibt es bereits Pläne für ein zweites Album und Bestrebungen, für die Veröffentlichung ein passendes Label zu finden?

Wir arbeiten ab Januar an einem neuen Lingby Album und freuen uns sehr, den jetzigen musikalischen Standpunkt festhalten zu können. Wie die EP „I Worked For The Light“ wird auch das Album in Eigenregie produziert werden. Allerdings geschieht dies nun in einem großen Studio, das in einem schönen Schloss, unweit von Dresden, komplett analog ausgestattet ist. Wir sind offen für Label-, Manager- oder Bookinganfragen, wollen aber schon gerne mit Leuten zusammenarbeiten, die die selben künstlerischen Ansichten vertreten.



Zunächst steht im Oktober ja eine Deutschlandtour an, die Euch am Freitag, den 25.10. auch nach Berlin in den Privatclub führt. Wie sehen Eure bisherigen Berlin-Erfahrungen aus und was können die Besucher von der Show im Privatclub erwarten? Bspw. plant Ihr ja, das neue Video zu „I Worked For The Light“ erstmals auch in diesem Live-Kontext zu präsentieren?

Auf unserer Oktobertour 2012 haben wir in dieser Formation bereits im Intersoup spielen können. Berlin ist ein definitives Highlight! Da wir unser Video zu „I Worked For The Light“ zusammen mit Jakob Storm und Mathias Niepenberg in Berlin gedreht haben, ist es für uns der richtige Ort, um es dort auch erstmals zu präsentieren. Leider haben unsere Melt!-Voting-Mitstreiter „The Perfect Pinapple“ als Support abgesagt. Trotzdem wird es ein musikalischer Hochgenuss, zumal mit „Parfum Brutal“ ein adäquater Ersatz dabei sein wird! Falls du in Berlin wohnst, solltest du am 25.10 in den Privatclub kommen!

Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft!

LINGBY | Herbsttour 2013
(präsentiert von Intro, alternativmusik.de, FROH!, detektor.fm)

17.10. Unna, Spatz & Wal
22.10. Weimar, Kasseturm
23.10. Halle, Goldene Rose
24.10. Leipzig, Dr. Seltsam
25.10. Berlin, Privatclub (Popmonitor live w/ Parfum Brutal)
26.10. Braunschweig, Scheune
27.10. Bremen, Noon
28.10. Hamburg, Astrasrube

www.lingby.de
www.facebook.com/Lingby
http://lingby.bandcamp.com/

Fotos © Lingby
Autor: [EMAIL=thomas.stern@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Thomas Stern[/EMAIL]

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