Solange es sie gibt, muss man sie feiern: die Berliner Schule des Indiepop. Mögen die Zeiten auch schwerer werden für gute Musik in der Hauptstadt, machen sich hier immer noch Träumer, Musikstudenten und Enthusiasten auf den Weg in die Köpfe ihrer Mitbewohner. ISOLATION BERLIN haben das alles in sich aufgesogen. Das sind TOBIAS BAMBORSCHKE (Gesang, Gitarre), MAX BAUER (Gitarre, Orgel), DAVID SPECHT (Bass) und SIMEON CÖSTER (Drums). Seit 2012 haben sie die Aquarium EP (2014) und die Körper EP (2015) aufgenommen, die sie hier zusammen mit zwei Coversongs darbieten.
Ist der Indie für den Herzschmerz erfunden worden? Man könnte es glauben, so charakteristisch ist „Aquarium“. Wenn Sänger Tobias von Langeweile beim Bier singt, klimpern die einen Gitarren, während die anderen verzerrt ächzen. Der Alkohol hilft nur eine kurze Zeit zu vergessen: „Ich stolper raus ins grelle Sonnenlicht und denke plötzlich wieder nur an dich.“ In „Lisa“ unterweist er sehnsuchts- und liebevoll ein Mädel, dass sich nicht mit ihm trösten soll. Da liebsäuselt er: „Au Revoir, Lisa!“ Die Gitarrenakkorde klingen verdächtig nach „Grace Kelly“ von den ÄRZTEN.
Zwischen Melancholie-Indie und freundlichem Reggae schwankt „Alles Grau“. Und dass sie auch rocken können, zeigt das träg-leichte „Rosaorange“. Die Körper EP war dann schon härter. So ist „Der Bus Der Stillen Hoffnung“ ein klassischer Indierock. Hier wird Sänger Bamborschke gegenüber der Liebsten geradezu poetisch: „Ich fall durch deine Augen in einen heilig klaren See, in dem ich alle Furcht ertränke und endlich wieder Sterne seh. Küss das Leid von meinen Lippen und trink’s, als wär’s mein Blut!“ Hier deutet sich schon die Koabhängigkeit zur „Prinzessin Borderline“ an.
Alkohol und Frauen haben Bamborschkes Stimme und Seele roh gemacht: „Körper“ wirkt wie eine Mischung aus dem Hedonismus von SCHWEFELGELB („Ich Nehm Den Mund Zu Voll“) und der Verzweiflung des Oldschool-Deutschpunks.
Crazy gay klingt dann das NINA HAGEN-Cover „Fall In Love Mit Mir“ mit Kirmes-Orgel und einem spaßig gestimmten Tobi: „Wo ist Berlin und wo sind die Sterne?“ Mit dem anschließenden JOY DIVISION-Cover verraten sie auch, wonach sie sich benannten: „Isolation“. Hier setzte ihre private „Isolation Berlin“ an. Tolles Ding.
Isolation Berlin
Berliner Schule/Protopop
(Staatsakt)
VÖ: 19.02.2016