Musik, als wäre ihr Macher selbst eine Art ‚Gentle Spirit‘.
JONATHAN WILSON. Wilson. Das war auch der Name von Tom Hanks‘ rundem Inselmitbewohner in der modernen Robinson Crusoe-Adaption Cast Away aus dem Jahr 2000. So seltsam diese spontane Assoziation im ersten Moment jedoch wirken mag, ganz abwegig ist sie nicht: Denn beide Wilsons sind sowohl beruhigende Partner auf stürmischer See als auch ganz natürlich in ihrer Art. Und wenn sie dann plötzlich weg sind, will man sie wieder haben. Zwei Gentle Spirits sozusagen – zwei Trostpflaster für die jeweiligen Menschen in ihrer direkten Umgebung.
Gott sei Dank hat JONATHAN WILSON wesentlich mehr zu sagen als sein schweigsamer Namensvetter – er ist ja auch kein Ball, sondern ein Musiker. Und was für einer: In seiner All-Around-Tätigkeit als Produzent, Gastmusiker und Songwriter ist er aus der momentanen 60er/70er Retro-Bewegung nicht wegzudenken und hat bereits mit Größen wie Phil Lesh von THE GRATEFUL DEAD zusammengearbeitet. Sein instrumentales Repertoire umfasst dabei alles von klassischen Instrumenten wie dem Klavier oder Streichinstrumenten bis hin zu elektrischen Orgelelementen und natürlich einer Menge Country-Gitarren.
Das Album Gentle Spirit stellt nunmehr – zumindest hierzulande – sein Debüt dar, und er nutzt es, um seine vielfältige Virtuosität auf einen Nenner zu bringen, wie seine erste Single-Auskopplung ‚Natural Rhapsody‘ bereits beweist:
Mit seiner ELIOTT SMITH-Stimme, von der man oft meinen könnte, der Wind trage sie in jedem Moment fort, erweckt JONATHAN WILSON beim Zuhörer das Gefühl, als singe er einem direkt am Lagerfeuer ins Ohr. Die Nacht ist dabei klar und Sterne funkeln (die Zupfmelodien in Songs wie ‚Ballad of the Pines‘), es ist ein wenig kalt (die Orgel-Elemente in Songs wie ‚Natural Rhapsody‘), aber das Feuer flackert stetig, tanzt und wirft lange Schatten auf die Gesichter (‚Magic Everywhere‘). Und zwar dunkle Schatten.
Denn dank psychedelischer Elemente und verzerrter Nachproduktionen wie z.B. in ‚Waters Down‘ schafft JONATHAN WILSON es, eine teilweise schauerlich-schöne Stimmung zu erzeugen, die wirkt. Allerdings bricht er sie auch schnell wieder. Das beste Beispiel dafür ist wohl der von der Rezensentin zum Höhepunkt des Albums erkorene Song ‚Desert Raven‘, in dem ein Intro, das auch für Akte X hätte verwendet werden können, in die wohl leichtfüßigste und unbeschwerteste Melodie des kompletten Albums übergeht. Ein perfekter Bruch!
Alles in allem also ein sehr hörenswertes Album, das das Versprechen hält, welches das Cover zu machen scheint und welches da lautet: „Das hier wird eine Reise durch Dimension und Zeit, aber auch zurück in die Vergangenheit zu Neil Young, Pink Floyd und all den anderen Platten, die unsere Väter und Mütter hörten.“
JONATHAN WILSON
Gentle Spirit
(Bella Union / Cooperative Music)
VÖ: 12.08.2011
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Autor: [EMAIL=daniela.saleth@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Daniela Saleth[/EMAIL]