Wer Lofi-HipHop für uninspiriertes Geremixe hält, der hat noch nicht mitbekommen, dass nicht wenige Producer gleichzeitig auch Instrumentalisten sind. KALAIDO aus Portland etwa, erarbeitet sich seine Melodien auch am Klavier und an der Zither. Über zwei Jahre nach seinem ersten Album Moonlit Tales hat er es zu den Pariser Lofi Records geschafft. Natürlich ist das ruhig-atmosphärische Anime-Musik, selbstredend ist das nah am Kitsch. Aber es ist so viel mehr.
Beim zweiten Longplayer verzichtet Kalaido auf J-Pop-Anleihen und arbeitet wieder mit Asian Beats. Er ist den kleinen Geistern des Shintō-Volksglauben oder auch den taoistischen Yōkai-Dämonen in Japan gewidmet. Die Glockenspiele in „Teahouse Spirits“ stellen sie wie funkelnde Glühwürmchen dar. Dazu gesellen sich flüssige Beats und ein getragenes Saxophon zu Keyboard. Das Saxophon stellt in „Streetlight Reverie“ eine Verbindung zwischen asiatischer und amerikanischer Musik her.
Die Akustikgitarren in „One Summer Afternoon“ und „Sleepy Town“ lassen gar an Dark Folk denken, werden jedoch von den warmen Anime-Geigen umspielt. Der urig-japanische Einschlag kommt besonders bei „Floating Ghosts“, „Maboroshi“ und „Yume“ zur Geltung, natürlich durch Beats aktualisiert. „Houses On Hills“ mit KENNEBEC könnte sich dagegen auf jede abendliche Stadt auf der Welt beziehen, obwohl dieser Portland-Nachbar Kalaidos Interesse für die japanische Volksmusik teilt. Das weitere Feature „Power Lines and Pastel Skies“ ist ein typisch langsames BIOSPHERE-Stück mit leiser Pianomelodie. Es passt zu diesem ungewöhnlich feinem Album.
Kalaido
Ghosts Of The Floating World
(Lofi Records)
VÖ: 30.04.2021