Kalipo | Ausgleich zum Wahnsinn

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Ab in den Club! Mit seinem zweiten Album Wanderer bewegt sich JAKOB HÄGLSPERGER aka KALIPO (auch als Mitglied von FRITTENBUDE bekannt) weg von den Hymnen für die große Bühne, hin zu Four-to-the-Floor, ausgetüftelten Sampler-Experimenten und analogen Sounds. Tracks wie „Lost in Vienna“, „Donau Sunrise“ und „Memories of Praha“ deuten dabei nicht umsonst auf die ganz große Reise hin. Man ahnt es: Wanderer erzählt vor allem vom Unterwegssein.

Gleich zwei große Musikprojekte? Muss der Typ gestresst sein, könnte man denken. Doch Fehlanzeige! Mit Popmonitor sprach der Wahlberliner kurz vor seinem Auftritt im Elektroclub Ritter Butzke am vergangenen Wochenende über Entspannungseffekte und den Abschied vom übersteigerten Perfektionismus…

Introvertierte House-Musik als Kalipo, Polit-Party mit Frittenbude – was reizt dich am Wandern zwischen den Welten?

Kalipo ist der Ausgleich zum Frittenbude-Wahnsinn. Ich habe mich nach ruhigeren Sachen gesehnt – immerhin geht man teilweise jedes Wochenende steil.  Aber so langsam dreht sich das wieder um: Die Frittenbude-Tracks werden langsamer und Kalipo tanzbarer. Das erste Album habe ich noch für zu Hause gemacht. Als ich dann in Clubs gespielt habe, wollte ich selber mehr Gas geben – und habe dementsprechend auch clubbigere Tracks gebaut.

Du hast das Ganze mal Eso-House genannt. Klingt interessant, aber was ist das?

Geil, ja! Das erste Album hatte noch viele Glocken-Sounds und Samples von echten Esoterik-Platten. Das würde ich mir nie anhören, aber ich fand die Sounds spannend. Wanderer würde ich eher Ambient-Goa nennen. Ich bin eigentlich überhaupt nicht der esoterische Typ –  im Gegenteil!

Welcher Typ bist du dann?

Eher so der langweilige! (lacht) Nein, Spaß. Ich bin wissenschaftlich drauf. Wenn mich etwas interessiert, will ich es genau ergründen und wissen, was dahinter steckt.

Du hast vom Tracks „Bauen“ gesprochen. Das klingt nach akribischer Arbeit. Wie gehst du vor?

Ich hab einen kleinen Sampler, den ich immer mitnehme. Damit entstehen weirde Sounds, und dann beginnt das herumdoktern. Beispielsweise schaue ich, was passiert, wenn man eine Bassdrum zwei Tage stretcht. So entstehen Skizzen, die ich in einem analogen Workflow zusammenfüge. An den Computer gehe ich erst, wenn ich sicher bin, dass der Track cool wird. Es ist  ärgerlich, wenn man vier Stunden aufnimmt und dann merkt: Das war jetzt irgendwie nicht so gut.

Hört sich an, als seist du Perfektionist!?

Eine Zeit lang war ich das, sogar extrem. Wenn man sich dabei nicht mehr gut fühlt, ist es aber nicht cool. Ich habe jetzt versucht, auch mal loszulassen. Egal, wie sehr man sich anstrengt: Die Sachen werden manchmal gut und manchmal trotzdem nicht. Dann kann man es auch gleich lockerer angehen. So kommt der Spaß zurück!

Deine Tracks beginnen meist atmosphärisch und bauen sich langsam auf. Ist es schwierig, die Leute im Club damit sofort abzuholen?

Ja, das ist schon etwas anders als bei Frittenbude. Allein an Knöpfchen drehen, ist introvertierter. Man muss mehr auf die Leute eingehen und Kontakt aufnehmen, damit der Funke überspringt. Ich merke manchmal, dass den Leuten die Bassdrum fehlt und sie eine halbe Minute lang nicht wissen, wie sie tanzen sollen. Es passt nicht immer.

Die Idee zu „Banana Garden“ soll dir im Thai-Jungel mit 40 Grad Fieber gekommen sein. Was war da los?

39,5 Grad! (lacht) Ich war einen Monat in Asien und habe neun verschiedene Krankheiten bekommen. Elendig! Am schlimmsten war der Fieberzustand. Ich hatte meinen Sampler dabei und so ist dieser geslicete Sample-Sound entstanden. Nach drei Tagen dachte ich, ich gehöre wohl ins Krankenhaus – und in dem Moment ging das Fieber wieder runter. Der Rest des Tracks ist zu Hause entstanden.

Was hat es mit der Maske auf dem Cover auf sich?

Ich wollte einen Ausdruck auf dem Cover haben – dem Album ein Gesicht geben. Ansonsten trage ich die  nicht. Ich will mich nicht verschleiern oder so. Natürlich ist das nur eine Maske, aber trotzdem schaut dich etwas an. Der Wanderer ist quasi diese Maske.

Du fotografierst nebenbei. Machst du deine Coverbilder selbst?

Ja, zumindest war das erste Cover von mir und wir haben auch für Frittenbude schon viele Fotos verwendet. Mit Frittenbude wurde mein Hobby zum Beruf, also brauchte ich ein neues und bin auf Tour in einen Fotoladen gegangen. Dort habe ich mir ein analoges Schmuckstück gekauft, eine Nikon F3. Seitdem ist das mein Hobby – und das soll es auch bleiben. Bisschen teuer, aber schön!

Und jetzt noch mal ehrlich: Wie ausgleichend ist es wirklich, wenn man zwischen Frittenbude- und Kalipo-Konzerten hin- und herspringt? Dein Terminplaner muss voll sein.

Eigentlich ist das entspannt, weil unter der Woche nicht so viel los ist. Erste Priorität hat immer Frittenbude. Kalipo muss sich da unterordnen. Wir produzieren und touren in Blöcken und da weiß man zum Glück genau, wann man wo Zeit hat. Alles nicht so wild!

KALIPO
Wanderer
(Audiolith)
VÖ: 22.01.2016

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