Kein Metoo für das Rap-Business?

Foto: R.Kelly

Ohne Zweifel, die #Metoo-Bewegung 2017 hat Hollywood verändert. Täter wurden als solche bekannt, heuchlerische Nutznießerinnen auch. Nun fragten mehrere deutsche Medien zu recht, ob dem amerikanischen Rapbusiness nicht selbiges zustünde. Sicher, doch dazu kommt es kaum.

Denn Sexismus gehört untrennbar zur Geschichte des HipHop- und R’n’B-Pop: Sobald die Black Music sich in der weißen Musikindustrie etabliert hatte, stellte sie sich gegen die sexuelle Emanzipation von Frauen. Es ist die Musik zur Postmoderne, in der die Frau zwar befreit ist, sich aber nicht so benehmen soll. Praktisch bleibt sie im Text ein Objekt und offensichtlich im Backstage ebenfalls. Die Musikindustrie ist genau wie Hollywood in der Hand von Männern und diese sehen oft in jungen, weiblichen Fans und Nachwuchskünstlerinnen Frischfleisch. Entsprechend lang ist die Liste möglicher Vergewaltiger: RUSSEL SIMMONS, NELLY, THE GAME, CHRIS BROWN, BIG SEAN, FREDDIE GIBBS, KODAK BLACK, usw. Auch der im Juni erschossene XXXTENTACION stand unter Verdacht.

Zumindest wurde in diesem Mai mit #MuteRKelly versucht, das Problem an einem Superstar anzupacken. R.KELLY setzte jedoch mit seinem Song „I Admit“ den Vorwürfen einer professionellen Kontrolle von jungen Frauen zum Sexzwang die Krone auf: alles lächerlich. Der Kampagne gegen ihn antwortete er zynisch mit „It’s Too Late“.

Michael Jackson-Single „You Are Not Alone“

„I Admit“ ist dagegen spannender, da es mehr über den Mann verrät, der schon wegen Pornografie von Minderjährigen vor Gericht stand. Jeder, der schon zu „Fiesta“ oder „I Believe I Can Fly“ gefeiert hat, sollte sich durch diese 19 Minuten quälen. Denn eigentlich hätte auch jeder, der mal MICHAEL JACKSONs „You Are Not Alone“ (geschrieben von R.Kelly) mochte, sich 1993 durch dessen Selbstverteidigungsvideobotschaft an die Fans gequält haben sollen.

  • R.Kelly gibt in „I Admit“ zu, Sex mit jungen Frauen zu haben. Aber das sei ja nicht pädophil. Offenbar ist er parthenophil.
  • Die jungen Damen in seiner Wohnung seien definitionsgemäß kein „Kult“ von „Sexsklavinnen“. Aber junge Damen gibt es offenbar dort.
  • R.Kelly gibt den Eltern die Schuld, es zugelassen zu haben, dass ihre Töchter Kontakt mit ihm hatten. Was außer Sex würde er wohl von denen wollen?
  • Ähnlich wie einst Michael Jackson stellt sich R.Kelly geschickt als „Schwarzer“ unter rassistischer Hetze dar. Das alte Rap-Thema ist nur noch gut dafür, sich selbst als Opfer zu inszenieren. Zudem scheint er indirekt vom Rassismus profitiert zu haben, da seine schwarzen Opfer lange kaum jemanden interessierten.

R.Kelly verteidigt sich hier wie ein aufgedeckter Mädchen-Zuhälter der Marke „Loverboy“. Die jungen Dinger waren süchtig nach Aufmerksamkeit und haben halt Kontrolle und sexuellen Zwang bekommen. Der psychologische Trick ist bei Juristen bekannt: Teenager, die noch in ihrer persönlichen Entwicklung sind, werden von ihrer ersten großen Liebe emotional abhängig gemacht. Dazu kommt, dass Rapper mit ihrer den Mainstream dominierenden, sexistischen Musik das kollektive Unterbewusstsein weltweit mitgestalten. Auch Frauen, die sich als „Feministinnen“ bezeichnen, tanzen dazu.

Selbst die vielen Talkshows, in denen R.Kellys Ex-Freundinnen ihre „Erfahrungen“ und „Gefühle“ mit dem Publikum teilen, zeigen ein Grundproblem der USA: Ob Richter oder Rapstar, egal wie viele Frauen sie beschuldigen, die Verdächtigen kommen nicht in Untersuchungshaft. Sie bleiben erstmal auf freiem Fuss, in ihrem luxuriösem Leben, zu dem möglicherweise auch Beweise und Sexsklavinnen gehören. Privatsphäre steht über Menschenwürde, Täterschutz über Opferschutz.

Nun könnten Rock-Hörer sich ja jetzt gemütlich zurücklehnen: Seht nur, die HipHop- und R’n’B-Pop-Hörer unterstützen Vergewaltiger! Doch Täter gibt es überall. Man erinnere sich an den LOSTPROPHETS-Sänger IAN WATKINS, der 2013 wegen Kindesmissbrauchs und Kinderpornografie verurteilt wurde. Oder KARL LOGAN, Gitarrist von MANOWAR, der erst in diesem August wegen Kinderpornos verhaftet wurde. Und aktuell sieht sich Indie-Artist BØRNS Vorwürfen ausgesetzt, sich an minderjährige Mädchen herangemacht zu haben. Weitere Anschuldigungen gingen an die Bands BRAND NEW und PINEGROVE. Soll man sich als Journalist jetzt schlecht fühlen, ihnen, bevor das klar war, Props gegeben zu haben? Nein, Musikkritiker sollten dem Internetzeitalter dankbar sein, denn nun wird viel schneller ein möglicher Täter benannt und man kann bessere Entscheidungen treffen. Ein Musikstar wie JIMMY SAVILE kann nicht mehr in Ruhe versterben, bevor sein hundertfacher Missbrauch aufgedeckt wird.

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