Vierzig Jahre prägt KONSTANTIN WECKER als Liedermacher, Autor und fester Bestandteil der Altlinken bereits die deutsche Musiklandschaft – vierzig Jahre, in denen ein Kokainprozess und tiefe Schulden ebenfalls zur Lebenswelt des Münchners gehörten. Man kann sagen: Wecker kennt Erfolg wie Leid. Gerade das scheint ihn zu Tiefgang und Poesie zu befähigen, von denen auch seine neueste Platte zeugt. Ohne Warum ist ein Appell an die Mitmenschlichkeit, ein Schlachtruf gegen menschenverachtende Realpolitk, Chauvinismus und Nationalismus. In Zeiten von PEGIDA, Ukraine-Konflikt, deutschen Finanz-Diktaten gegenüber Griechenland und Flüchtlingstragödien im Mittelmeer ruft Wecker mit seinen Piano-Balladen zu Visionen von einer besseren Welt auf.
„Ich habe einen Traum“ setzt in diesem Sinne schon zu Beginn ein deutliches Zeichen. Inspiriert von Martin Luther Kings legendärer Rede von 1963, spricht Wecker sich gegen die Verschwendungssucht der Hautevolee und eine Politik aus, die Europas Tore vor denen verschließt, die vor Hunger und Mord fliehen. „Willy 2015“ ist eine Neuauflage seines Klassikers, auf dem er die GroKo scharf kritisiert und seinem Ärger über völkische Schwachköpfe und Möchte-Gern—Adolfs von PEGIDA Luft macht. Bitterböse und zynisch reagiert er mit „Die Mordnacht vom Kundus“ auf deutschen Militarismus und den Bundeswehrskandal von 2009. Man spielt wieder mit, man ist wieder wer, spottet er.
Weckers Antrieb bleibt der Revolutionsdrang, seine Ausdrucksform das Symbolische. Unverstellt und eindringlich führt er das Übel unseres abgewrackten Systems vor Augen. Seine Platte ist ein unverbesserliches Bekenntnis zum Pazifismus. Ein Ja zu Utopien. Eine Einladung zum Träumen. Ohne warum.
KONSTANTIN WECKER
Ohne Warum
(Sturm & Klang)
VÖ: 19.06.2015