Kraftklub – Sterben In Karl-Marx-Stadt

Ach, was soll man sagen? Man wird halt nicht jünger. Auch KRAFTKLUB nicht. Die einstigen Hoffnungsträger der deutschen Indieszene sind längst eine der etabliertesten hiesigen Acts geworden. Der netteste Satz des neuen Albums klingt altersweise: „Glaub mir, wenn ich tot bin, wird gelebt.“ Der Gedanke an das Ende als Band war über die Jahre immer präsent. Drei Jahre nach Kargo wird es auf Album Nummer fünf noch existentieller.

Zusammen mit Blitzstarterin DOMIZIANA träumen sie von der unendlichen Party mit der/dem Liebsten. Wie einst bei THE ATARIS („Looking Back On Today“) heißt es: „Was würd‘ ich geben für noch mehr Zeit, für noch ein Leben nur mit dir allein.“ „Unsterblich Sein“ ist als typische Uptempo-Dance-Nummer sowie als After-Party-Gitarrensong vorhanden.

Sänger FELIX KUMMER schafft es auch 2025, mit ordentlichen Lines zu überzeugen. „Marlboro Mann“ nimmt die allgemeine Überforderung auf, um Beziehungen gleich welcher Art Hoffnung zu spenden. Statt der früheren Dauer-Ironie („Mein Leben“) schlägt die Band hier auch musikalisch ernste Töne an. Der Gedanke an den eigenen Tod wird dann mit FABER in einem fast bitteren Popsong verhandelt. Wie schnell alles vorbei sein kann, sollte man sich tatsächlich öfter vor Augen führen: „All die Worte – nie gesagt – jetzt bin ich fort und nehm‘ sie mit ins Grab.“ Damit der übliche Kraftklub-Hörer jetzt nicht völlig abgeschreckt wird, schiebt man ihm dann wieder einen spaßigen Dance-Indie namens „Wenn Ich Tot Bin, Fang Ich Wieder An“ hinterher. Hier wird zu 80s-Synthies im Himmel weitergeravet. Ähnliche Gedanken äußerten schon Rapper SIDO und Punker MONCHI (FEINE SAHNE FISCHFILET). Doch die wollten schon auf Erden feiern („Leben Vor Dem Tod“).

Ach ja, die wunderbaren 80er. „Fallen In Liebe“ mag zwar vom Kuschelklassiker „Wicked Game“ von CHRIS ISAAK inspiriert sein, ist jedoch ein ernster Indietrack mit NINA CHUBA. Letztere zerknirscht sich auch in eigenen Songs immer wieder darüber, sich in die falschen Leute zu verknallen.

„Schief In Jedem Chor“ stellt die Frage, ob heute überhaupt noch von Independent als Lebensart geredet werden kann. Ein eigener Stil als Grundlage für einen demokratischen Individualismus ist wieder für die Massen unattraktiv geworden. Man muss sich nur die rechte Gleichschaltung auf dem Land und den vorauseilenden Gehorsam der Eliten ansehen. Kraftklub haben seit Jahren ihre verteidigende Rolle angenommen, um Menschen aufzufordern, hier nicht mitzumachen („So Rechts“). Dass sich einen Tag nach dem Album-Release ein rechtsextremer Jugendverband neu aufstellt, macht die Situation keineswegs leichter.

Nach diesen beiden Pflichtübungen wird endlich mal wieder ein ÄRZTE-mäßiger Punkrock hingerotzt: „Halt’s Maul Und Spiel“. Auch die Ärzte oder WIZO („Unpoliddisch“) mussten sich immer wieder rechtfertigen, dass sie keineswegs unpolitisch sein wollen. Mit Spielfreude gemacht, ist auch der DEICHKIND-Elektropunk-Track „Zeit Aus Dem Fenster“ – nicht die erste Zusammenarbeit der beiden Bands („Die Rote Kiste“, „Selber Machen Lassen“).

Co-Sänger KARL SCHUMANN (Gitarre) hat noch zwei klassische Kraftklub-Kracher im Petto („Kippenautomat“, „Ein Letztes Mal“). Das Album schließt also mit Selbst-Nostalgie statt Selbst-Ironie. Und ja, das haben sich die Jungs verdient.

 

Kraftklub
Sterben In Karl-Marx-Stadt
(Vertigo Berlin/Universal Music/EKLAT Tonträger)
VÖ: 28.11.25

www.kraftklub.to

Live

03.03.26, Schwerin, Sport- und Kongresshalle
04.03.26, Münster, Messe und Congress Centrum Halle Münsterland
06.03.26, München, Olympiahalle
11.03.26, Berlin, Max-Schmeling-Halle
14.03.26, Düsseldorf, PSD Bank Dome
15.03.26, Erfurt, Messehalle
17.03.26, Stuttgart, Schleyer-Halle
19.03.26, Nürnberg, PSD Bank Nürnberg Arena
20.03.26, Freiburg im Breisgau, Messe, SICK-Arena
23.03.26, Braunschweig, Volkwagen-Halle
24.03.26, Kiel, Wunderino-Arena
26.03.26, Frankfurt/Main, Festhalle
27.03.26, Frankfurt/Main, Festhalle
28.03.26, Bremen, ÖVB-Arena
27.06.26, Dresden, Rudolf-Harbig-Stadion
03.07.26, Mönchengladbach, SparkassenPark
04.07.26, Bielefeld, Ravensberger Park
21.08.26, Berlin, Parkbühne Wuhlheide
22.08.26, Berlin, Parkbühne Wuhlheide
29.08.26, Hamburg, Trabrennbahn Bahrenfeld

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