Math Club – Suddenly

Seit 2013 ist WADE MORRISON aus Hamilton als Ein-Mann-Projekt MATH CLUB nun schon im Emopop aktiv. Die fröhlichen Comicfiguren auf dem Cover lenken zwar vom Strick unten rechts ab. Doch die Grundstimmung ist melancholisch trotz poppiger Melodien. Seit der letzten vom Tarot inspirierten EP Major Arcana (2020) erfolgt nun die erste längere Veröffentlichung.

Es handelt sich um das zweite Album nach There’s A Light On Upstairs (2016) und man spürt ab dem kurzen Intro und vor allem dem Opener „I Always Let You In“ einen großen Schritt voran. Die Wertigkeit der Produktion hat hörbar zugenommen. Statt verschrobenem Indierock wird hier durchaus einfallsreich aber gehörgängig Emopop veranstaltet. Morrisons Stimme ist jugendlich und wird im Refrain von Frauengesang unterstützt. Er lässt die E-Gitarre im Soli funkeln.

Wie im Emo üblig wird es hier bittersüß und persönlich. Im Tearjerker „A Tiny Shift“ wird die Trennung so umschrieben, dass er die Liebste in allem sucht und findet. Er wünscht sich nichts sehnlicher, als mit ihr noch einmal einen simplen Filmabend zu machen: „Home Alone, or Men In Black, the aliens from Mars Attacks!“ Von hier schwingt er sich sogleich empor zum Lyrischen: „But if I’m the rocks, honey you’re the waves.“

„Sometimes“ beschreibt das jämmerliche Verhalten vieler depressiver Männer in alte Gewohnheiten zurückzufallen, wie etwa den ganzen Tag lang zu zocken: „Having the time of my mid-life, looking back on seventeen. But I’m here acting like I’m seventeen.“ Das kann übrigens auch passieren, wenn man in einer Beziehung glücklich aber arbeitslos ist, wie SOMETHING CORPORATE einst erklärten („I Don’t Want A Job“).

Wer es etwas wilder will, bekommt mit „That’s One Way To Quiet A Room“ einen etwas rockigeren Song. Hier erinnert er an „shelves full of Counting Crows records we turned off too soon“. Zwischen echter Wehleidigkeit („I was always bad in being good“ in „P.S.“) und Pose („I’ve been feeling like a waste of space“ in „The Parking Lot“) wird hier fast ironisch geswitcht. Das ist Galgenhumor.

Am Bittersten gestaltet sich „Call The Boys“ mit gedrücktem Gesang an der Akustikgitarre. Diese intimen Worte wie bei einem verstohlenen Blick ins dunkle Zimmer sind traurig und wahr: „It’ll be okay, bud. That’s what they all say but everyone lies.“ Ähnlich fühlte sich auch LIL PEEP („Runaway“). Heilung verspricht hier nur die versonnene Erinnerung an die Liebste („By And By“, „Arizona“).

Wie ein roter Faden zieht sich die Wiederholung desselben Lebens durch die Songs – das Gefühl, festzustecken in einer Situation, aus der es keinen Ausweg gibt. Wenn Wade in „Let It Out, Repeat“ seinen Kumpel oder ein Familienmitglied bittet „Would you sit and cry here with me before I ruin my birthday?“ ähnelt er in seinem Unglück WIL WAGNER. Doch während dieser seine Frustration mit Rock herausbläst, dreht sich Morrison mit freundlichen Melodien um sich selbst. Charaktersache.

 

Math Club
Suddenly
(Selbstvertrieb)
VÖ: 11.11.2022

www.mthclb.ca

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