MOTORPSYCHO am 17.05.2008 im Postbahnhof


„Did they say something? They should start right now!“



… höre ich im Vorbeigehen die Worte vom Mann am Merchstand in Richtung Techniker. Curfew 23:00 Uhr, Fritzdisco sei Dank. Wie lange MOTORPSYCHO ohne dieses Zeitkorsett tatsächlich gespielt hätten, kann man nur erahnen. Vor Mitternacht wäre wohl kaum Schluss gewesen. So blieben dennoch satte zwei Stunden und 20 Minuten inklusive 20minütiger Zugabe in Form der vierteiligen Rocksuite ‚Litte Lucid Moments‘.

Um kurz vor acht betreten also HANS MAGNUS „SNAH“ RYAN (guit, voc), BENT SÆTHER (bass, voc) und KENNETH KAPSTAD (drums) unter tosendem Applaus die Bühne – Licht aus, Licht an – und beginnen ohne Schnick und Schnack ihr (wie immer vorzüglich zusammengestelltes) Set mit ‚Triggerman‘ vom vorletzten Album Black Hole/Blank Canvas (2006), gefolgt von ‚High Time‘ (Barracuda, 2001) das seit Jahren (nahezu) fest zum Live-Repertoire der Norweger gehört. Hätte er nicht schon längst begonnen, so nimmt der gigantische „Überjam“ spätestens mit ‚Psychonaut‘ (Trust Us, 1998) seinen Lauf. Das Energielevel auf der Bühne hat innerhalb kürzester Zeit eine schwindelerregende Höhe erreicht. Was KENNETH KAPSTAD am Schlagzeug leistet, lässt sich kaum Worte fassen. Natürlich ist der blonde Hüne auch optisch ein Leckerbissen; unabhängig davon bringt der gelernte Jazzdrummer außerordentlich frischen Wind in den musikalischen Grundtenor von MOTORPSYCHO. KAPSTAD, der übrigens auch für Gåte, Aninmal Alpha oder Dadafon trommelt(e) und bekennender Metalfan ist, bewirkt durch sein zugleich entfesseltes wie virtuoses Spiel noch mehr Dynamik und Kraft. Hinter ihm flimmern auf der großen Leinwand Pixel und Schnipsel, Filmsequenzen und Super8-Halluzinationen als Visuals. SNAH malträtiert (und herzt) weitestgehend losgelöst vom übrigen Geschehen mehrere Gitarren, BENT SÆTHER spielt statt Basslinien viel lieber Akkorde und Melodien auf seinem Instrument. Er hat noch immer die wesentlich bessere Stimme als SNAH, ein quasi typisches, ab und an ins Falsett abdriftendes Hardrockorgan.

Überhaupt Hardrock: Was für ein No Go, denkt man doch unweigerlich an so unsägliche Formationen wie Bon Jovi oder Def Leppard. Aber hey, wir reden hier von MOTORPSYCHO, die wahrlich ungestümen Hardrock praktizieren, aber mit solcher Finesse, Komplexität und Intelligenz, dass sie andererseits zielsicher eben jene Szene umkurven. Ihre stilistischen Wechsel vom Krautrock über Shoegaze, vom Jazz zum Progressive Rock (to name only a few) zelebrierten sie in erwarteter Brillanz zuletzt auf ihrem aktuellen Album Litte Lucid Moments (www.motorpsycho.fix.no
www.myspace.com/motorpsychopage
www.greyzone-concerts.de

Foto: © MOTORPSYCHO
Autor: [EMAIL=jana.schuricht@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Jana Schuricht[/EMAIL]

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