Was tun, wenn man die Lieblingsoldies schon bis zum Erbrechen gehört hat? Ganz klar, Retropop hören, denn die Kette an Revivals wird wohl nie wieder aufhören, sondern verdichtet sich im Internet zu einer totalen Gleichzeitigkeit aller möglichen Stile. Wer zum Beispiel vor zwei Jahren neuen New Wave wollte, war mit NATION OF LANGUAGE gut beraten. Ihr Debüt Introduction, Presence war solch‘ eine platte aber perfekte TALK TALK- oder TALKING HEADS-Kopie wie auch THE MIDNIGHT oder ROBERT PARKER problemlos 80er-Synthies auffahren können. Doch braucht ein Künstler auch Herausforderung und der hat sich die selbst ernannte Sprachnation nun gestellt. A Way Forward ist tatsächlich ein Schritt voran zu einem eigenen Sound.
Natürlich ist es nicht der selbstverliebte 80er-Gesang wie ihn THEO HUTCHCRAFT von HURTS aber eben auch IAN RICHARD DEVANEY (Gitarre, Synthesizer, Percussion) anstimmt. Es sind auch nicht dessen einsamen 80er-Lyrics, an denen sich etwa schon THE MARY ONETTES versucht haben. Beides findet sich wunderbar indie-esk in „Across That Fine Line“.
Und selbstverständlich sind es beileibe nicht die Synthies. Beim Song „In Manhattan“ startet das Album gleich mal mit Krautrock-Beats, wie man sie von NEU! kannte. Diesmal geht es an den Elektrogeräten also eher in die späten 70er und frühen 80er.
Das, was hier überhaupt „neu“ ist, ist teilweise der Songaufbau. Statt veraltete Popmuster nur zu wiederholen, müht sich die Band um eine Gleichwertigkeit jedes Liedelements. Auch AIDAN NOELL (Synthesizer), and MICHAEL SUE-POI (Bass) spielen eine Rolle, Noell als Synthie-Partner wie im süßen „Miranda“ und Sue-Poi als Basser in „The Grey Commute„. So geraten Tracks wie „Former Self“ zu zwar ruhigen jedoch echten Bandstücken mit Abwechslung. Wer diese Band zu schnell als billigen Copyshop abtut, verpasst den Spaß. Dafür muss man sich etwas in die Songs hineinhören. Vielleicht können auf diesem Weg alte Ansätze tatsächlich weitergedacht werden?
Nation Of Language
A Way Forward
(PIAS)
VÖ: 05.11.2021