Noch nie etwas von RALEIGH RITCHIE gehört? Wer Game of Thrones verfolgt, dem sollte GREY WORM, Anführer der Söldnertruppe „The Unsullied Names“, ein Begriff sein. Dahinter steckt JACOB ANDERSON, der nun sein Debütalbum unter dem Alias Raleigh Ritchie veröffentlicht. You’re A Man Now, Boy heißt das gute Stück und ist ein eingängiger R’n’B-Pop-Mix mit Einflüssen aus Indie, Soul und Rap. Musikalisch locken die zwölf Tracks mit mitreißendem Pop-Appeal – textlich geht der 25-jährige Brite offenherzig seine Liebes- und Adoleszenz-Probleme an. Mit Popmonitor sprach der Schauspieler und Musiker über Helden, Erwachsenwerden und Feriengefühle am Set von Game of Thrones…
Als Schauspieler bist du viel beschäftigt. Wie kamst du dazu, nebenbei ein ganzes Album aufzunehmen?
Ich habe hunderte Songs aufgenommen. Okay, nicht hunderte, aber über hundert! (lacht) Vor zwei Jahren habe ich angefangen, mir nach und nach ältere Songs herauszupicken, die zusammenpassen könnten. „Bloodsport ’15“ und „Stronger Than Ever“ sind beispielsweise sehr alte Tracks. Das war eine Mischung aus Bestandsaufnahme und Überarbeitung.
Was hat dich dabei soundtechnisch beeinflusst?
Inspiriert haben mich David Bowie und Kanye West – weil man nie weiß, was man von ihnen bekommt. Man kann Kanye nicht mehr in die HipHop-Schublade stecken. Genauso wenig war Bowie niemals nur Rock oder nur Soul. Mich beeinflussen Künstler, die sich über die Zeit weiterentwickeln. Und mir war es wichtig, Stile zu mixen.
Auch auf deiner Platte gibt es eine Entwicklung: Der Opener „Werld is Mine“ konzentriert sich noch auf das Ich, Closer „The Last Romance“ kommt schließlich beim Wir an.
Ja, ich wollte eine Geschichte über die Menschen in meinem Leben erzählen – deshalb startet und endet die Reise so. Als ich „Werld is Mine“ geschrieben habe, musste ich mich auf mich selbst konzentrieren. Im Laufe der Zeit habe ich realisiert, wie wichtig es ist, andere Menschen um sich zu haben, Liebe anzunehmen und sie zu geben. Das wollte ich nacherzählen.
Auf “You’re a Man Now, Boy” sagst du, dass sich für dich mit dem Älterwerden nichts verändert hat. Was bedeutet Erwachsenwerden dann für dich?
Ich versuche noch, das herauszufinden. Erwachsenwerden ist ein schwieriges soziales Konzept. Jeder sagt dir, dass du endlich erwachsen werden sollst, aber was bedeutet das? Na gut: Es geht ums Lernen, klar. Trotzdem finde ich es naiv, den Stand des Erwachsenseins am Alter festzumachen.
Du bist mit 17 von Bristol nach London gezogen. Gibt es eine Sache, die du speziell in dieser Zeit gelernt hast?
Ja, ich habe realisiert, dass jeder mit Problemen kämpft und wie wichtig Kommunikation ist. Mir hat die Musik geholfen, damit umzugehen. Außerdem muss man Ärger und Schmerz mit den Liebsten teilen. Schlimm wird es, wenn man sich auf seine Perspektive versteift. Davon handelt “Stronger Than Ever”. Zur dieser Zeit war ich davon überzeugt, dass ich alles alleine bewältigen kann – bis ich gemerkt habe, dass ich Hilfe brauche.
Du schneidest viele private Themen an, hast dich aber für einen Künstlernamen entschieden, der keinen Rückschluss auf deine Privatperson zulässt. Warum?
Ich mag es, unter einem komplett anderen Namen zu schreiben. Das gibt mir Sicherheit. Du kannst dich hinter einem Namen verstecken und Vorurteilen aus dem Weg gehen. Niemand kann dich vorab auf eine Sache reduzieren. Das ist für mich eine Art der Freiheit.
Neben all der Musik: Was bedeutet dir deine Rolle als Grey Worm?
Es ist verdammt cool, Teil dieser Serie zu sein – alleine, um zu sehen, wie alles hinter den Kulissen abläuft. Für mich sind die Dreharbeiten immer die amüsanteste Zeit des Jahres. Ein bisschen wie Ferien. Ich mag die Leute vom Set alle sehr!
Warst du schon mal enttäuscht, dass wieder ein Charakter verstorben ist?
Ja, ich war letztes Jahr sehr traurig als Ian McElhinney die Show verlassen hat. Er ist ein guter Freund von mir. Ich habe es geliebt, mit ihm zu arbeiten und diese schrägen Unterhaltungen mit ihm zu haben. Er fehlt mir!
Welche Figur ist deiner Meinung nach dramaturgisch am besten ausgearbeitet?
Tyrion Lannister! Mein Favorit! Der hat einen interessanten Charakter. Er bringt diese empfindliche, menschliche Seite mit rein und gleichzeitig ist er eine wahnsinnig traurige Figur. Tyrion wurde so lange von seiner Familie verstoßen. Ich liebe diesen Mix!
Wenn du mal als Grey Worm denkst: Glaubst du echt, ihr könnt den Thron für euch gewinnen?
Nein! (lacht) Ich sehe Grey Worm nicht auf dem Thron sitzen. Ich glaube, er hat diesen Traum auch gar nicht. Es gibt einige Leute in der Show, die diese Art von Macht eigentlich gar nicht haben wollen.
Da Game of Thrones inzwischen legendär ist: Hast du diesen Traum auch für deine Musik?
Ich wünsche mir einfach nur Freiraum. Ich kann nicht gut arbeiten, wenn ich darüber nachdenke, was als nächstes kommen muss. Ich habe vorher über Bowie und Kanye geredet: Bowie war und Kanye ist auf der kreativen Ebene immer frei. Ich wünsche mir, eines Tages auch ein bisschen so sein zu können.
RALEIGH RITCHIE
You’re a Man Now, Boy
(Smi Col / Sony Music)
VÖ: 26.02.2016