SAINT THOMAS, seines Zeichens norwegischer Folkpopper, vermeldet in ‚The present‘: „I live in Oslo, you live in Berlin, so sometimes I fly over there.“ Am 16. März war es mal wieder so weit. Anlass ist ein ganz spezielles Album, das nicht nur minimalistisch aufgenommen ist, sondern auch einen gebrochenen Star repräsentiert. Anfang 2006 sagte THOMAS HANSEN, (der Heilige mit bürgerlichem Namen) alle Konzerte ab. In Depression und in seinem Schlafzimmer entstand der neue, bislang sechste Longplayer There’s Only One Of Me. Und der Name ist Programm:
THE CAPTAIN & ME , Vor- und später Liveband von SAINT THOMAS, vermögen die Stimmung der Fans anzuheizen, denn der partytaugliche Countryrock der Norweger passt gut in das eigenwillige Ambiente des Café Zapata.
Als sich später etwa achtzig Menschen im Saal befinden, kehren sie zurück auf die Bühne, nunmehr natürlich mit SAINT THOMAS im Schlepptau. Er, der dieses Jahr die 30 erreicht, geht mit ‚The Drive‘ an den Start, gefolgt vom Titelstück ‚There’s Only One Of Me‘. Die nächste Stunde ist fast ausschließlich von Songs des neuen Albums geprägt.
Der Anblick ist interessant: Der alte Hase im Popbusiness, der von eben jenem so enttäuscht ist, umgeben von einer Schar junger Musiker, singt mit seiner hohen Kopfstimme relativ unberührt, wo doch die meisten seiner Lieder stark persönliche Texte haben. Er hat sich unter einer großen Sonnenbrille verborgen, was ihm die leicht arrogante Pose eines LIAM GALLAGHER (von den Britpop-Superstars OASIS) verleiht. Das ist Coolness mit der Zigarette im Anschlag, die sich keinen Schritt zu viel bewegt. Selbst das Tamburin, das LIAM gern zu benutzen pflegt, überlässt SAINT THOMAS der Band. Schließlich aber greift er doch zur Gitarre und spielt sie ab ‚My Morning‘ ein paar Songs lang. Er wirkt zwar müde, wird aber allmählich fröhlicher.
THE CAPTAIN & ME liefern einen anständigen Job ab. Ihre aus Gitarren, Akkordeon, Kontrabass, Banjo und Mundharmonika bestehende Begleitung vermag die zum Teil unfertig wirkenden Titel des Albums um viele Nuancen zu erweitern und bühnenreif zu machen. Die immanente Melancholie, die sich in teils leichtem Folkpop versteckt, bleibt nur durch SAINT THOMAS’ Gesang bestehen, der von Gitarrist EVEN VAA gesanglich gut ausgeglichen wird. Die Songs sitzen insgesamt noch nicht so ganz bei Band und SAINT THOMAS, was jedoch ebenfalls als Eigenwilligkeit durchgeht.
Die Fröhlichkeit, die die Band vermitteln kann, überträgt sich auf das Publikum, so dass schon bald SAINT THOMAS an der Brust eines Fans ruht und diesen auf der Bühne tanzen lässt. Vorläufiger Höhepunkt ist jedoch das so einfach wie liebevoll gemachte ‚Moviestar‘. Herr HANSEN hat die Brille abgesetzt und plötzlich scheinen Zeilen wie „Nothing’s gonna stop us now“ aus vollem Herzen zu kommen. Vielleicht gewinnt er gar Hoffnung aus solchen Abenden.
Am Publikum scheitert es ganz sicher nicht. Dieses fühlt sich gut unterhalten und wird dafür nicht nur mit dem Durchbruchhit ‚Cornerman‘ (2001), sondern auch mit einer Zugabe belohnt.
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Foto: © SAINT THOMAS