SMASHING PUMPKINS am 06.06.2007 in der Columbiahalle


The end of the show…



Viel ist gesagt und geschrieben worden über die von BILLY CORGAN vorangetriebene Wiederbelebung einer der größten Alternative-Rockbands der 90er, natürlich war da auch wieder von Ausverkauf, Verrat und der ganzen Soße zu lesen und hören, blabla etc.pp.
Dass die SMASHING PUMPKINS Billy Corgan sind und waren, steht aber doch wohl wirklich völlig außer Frage, und mit dem für den PUMPKINS-Sound sicherlich nicht unwichtigen Ausnahme-Drummer JIMMY CHAMBERLIN ist ja im aktuellen Band-Lineup immerhin ein Mitglied der ersten Stunde mit von der Partie. Klar, Bassistin GINGER REYES und Gitarrist JEFF SCHROEDER können und sollen D’Arcy bzw. Melissa Auf Der Maur und James Iha nicht vergessen machen, ihren Job als adäquate und kompetente musikalische Unterstützung des dominierenden Masterminds sollten sie dann aber auch beim Gig in der Berliner Columbiahalle solide erfüllen.

Kamen einen Abend zuvor in einem ja unglaublich intimen Rahmen noch ca. 100 glückliche Hardcore-Fans in der Zitadelle Spandau in den Genuss eines nun wahrlich nicht alltäglichen Exklusivgigs, sollte die Band am Tag darauf dann zu einem dreistündigen Rockmarathon der Extraklasse in der selbstredend seit langem ausverkauften und vor gespannter Erwartung und subtropischer Hitze förmlich überkochenden Columbiahalle antreten (Setlist siehe unten).
Schon als JIMMY CHAMBERLIN mit hochgereckten Drumsticks vor im Hintergrund überdiminsional in schwarzweiß abgewandelter projizierter US-Flagge als erster, aber natürlich erst recht, als der charismatische Fürst of Rock himself im vom Rock Am Ring-Auftritt bekannten spacigen, kuttenartigen Umhang die Bühne betrat, war er mehr als greifbar, dieser magische Augenblick angesichts des Endes dieser für Fans ja quälend langen, siebenjährigen Auszeit.

Einen zusätzlichen Reiz bezog der Gig zudem noch aus der im Juli bevorstehenden Veröffentlichung des neuen, in Berlin aufgenommenen PUMPKINS-Albums Zeitgeist, aus dem dann auch ein ganzer Reigen an wieder großartigen Songs den Sprung ins Liveset finden sollte und mit denen die Band zahlreiche (u.a. mit dem doomigen Rock’n’Roller ‚United States‘, der mächtig bretternden ersten Single ‚Tarantula‘ oder dem melodiösen ‚Bleeding The Orchid‘), den vielen Klassikern durchaus ebenbürtige Glanzpunkte zu setzen vermochte, auch wenn logischerweise die im kollektiven Rock-Gedächtnis verankerten und mit unumstößlichem Nostalgie-Faktor behafteten Songs wie ‚Stand Inside Your Love‘, ‚Tonight, Tonight‘ oder natürlich ‚Today‘ später sicherlich für die ekstatischsten Momente des Abends sorgten.

Von Beginn an hatte man trotz der sich anfangs noch in etwas dumpfen, rumpeligen Klängen äußernden Sound- bzw. Abstimmungsprobleme den Eindruck eines besonders gutgelaunten und vor allem extrem spielfreudigen BILLY CORGAN, der dann und wann auch an diesem Abend seiner augenscheinlich gegenwärtigen Vorliebe für 70er Kraut- und Psychedelic-Rock mit sympathischer Beharrlichkeit in ausgedehnt wabernden Epen frönen sollte. Was via Bildschirm von Rock Am Ring vielleicht noch etwas fade und ermüdend rübergekommen sein mag, entfachte im speziellen Live-Moment sowohl beim Song ‚Glass & The Ghost Children‘ vom 2000er Album Machina – The Machines Of God als auch später im herrlich ausgedehnten neuen Song ‚Gossamer‘ nicht zuletzt infolge der besonders virtuosen Unterstützung des von BILLY eingeladenen – und von ihm als einer der besten deutschen Gitarristen vorgestellten – honorigen deutschen Rock-Urgesteins Uli Jon Roth eine ganz spezielle, ja hypnotische Wirkung.



BILLY CORGAN präsentierte sich im Laufe des Sets zunehmend kommunikativer, tauschte sich diverse Male entspannt lächelnd mit seinen Bandkollegen aus, entledigte sich nach einer guten Stunde endlich seines sich zuvor mehrmals in der Gitarre verheddernden Gewands und hatte dann seinen ganz besonderen Spaß, als wie aus dem Nichts ein Banner mit der Aufschrift „Spaceboy, we’ve missed you“ (in Anlehnung an den Song ‚Spaceboy‘, Siamese Dream) quasi direkt vor seiner Nase gehisst wurde. Als er sich nach dem aktuellen deutschen Kanzler („Still Schroeder?“) erkundigte, bewies er gar überraschend spontanen Humor, als er auf die „Angie“-Zurufe aus den vorderen Reihen mit der aufgesetzt ungläubigen Nachfrage „Ali G.?“ reagierte, und auch, als er im enthusiasmierten Übermut der Performance in ironisch gebrochener Bodybuilder-Manier mit seinen (nicht vorhandenen) Muskeln spielte, blieb von seinem über die Jahre kultivierten bzw. von außen auferlegten Image als wahlweise grüblerischer Romantiker oder arroganter Zyniker wenig bestehen.

Einem irgendwie obligatorischen, von BILLY weitgehend allein bestrittenen Akustikteil im zweiten Drittel dieses in jeder Hinsicht insgesamt unterhaltsamen und imposanten Sets folgten mit ‚Zero‘ oder ‚Drown‘ äußerst veritable Kracher im nunmehr wieder elektrifizierten bzw. kompletten Bandgewand, bevor mit den zwei Zugaben ‚Cherub Rock‘ und ‚Muzzle‘ von den Meilensteinen Siamese Dream (1993) bzw. Mellon Collie And The Infinite Sadness (1995) sowie dem bereits erwähnten abschließenden ‚Gossamer‘ ganz langsam in Richtung Ende gesteuert wurde.
„It’s the end of the show“ und „There’s no more show“, verkündete BILLY während des in Endlosschleife weiter träge vor sich hin grummelnden ‚Gossamer‘ mehrmals vergeblich, was allerdings weder die auch nach drei Stunden noch tobenden und völlig durchnässten Fans, und schon gar nicht die Band selbst scherte, immer wieder wurde im dafür ja ganz besonders prädestinierten Verbund mit Uli Roth zu weiteren, teils improvisierten Psychedelia-Gelagen angesetzt.
„This is the end of the show“! Irgendwann war’s dann tatsächlich so weit.

Setlist:

United States
Bleeding The Orchid
Neverlost
Stand Inside Your Love
Today
Bullet With Butterfly Wings
Home
Silverfuck
Glass And The Ghost Children (feat. Uli Jon Roth)
For God And Country
Thirty-Three
Rocket
Winterlong
To Sheila
Tonight, Tonight
Tarantula
Starz
Zero
Annie-Dog
Drown
Hummer
Lucky 13
That’s The Way (My Love Is)
1979
Disarm
Untitled

Zugabe 1:
Cherub Rock
Muzzle

Zugabe 2:
Gossamer (feat. Uli Jon Roth)

Foto (c) smashingpumpkins.com

www.smashingpumpkins.com

Autor: [EMAIL=thomas.stern@b-i-b.de?Subject=Kontakt von der Website]Thomas Stern[/EMAIL]

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