Spirit And The Trickster – Empyreum

Will man Intellektuellen-Musik eine Chance geben? Meist soll sie ja Avantgarde-Pop sein, doch kommt all zu oft doch nur Orchestral Pop heraus. So auch bei SPIRIT AND THE TRICKSTER, einem Duo aus Houston. Das sind Sänger und Gitarrist JOHN PRICE und RODNEY WATERS, seines Zeichens Pianist und Jungianischer Psychiater in Ausbildung. Tatsächlich stellt sich das Album als eine Einführung in die Analytische Psychologie heraus, einer Spielart der Tiefenpsychologie.

Schon der Name der Band spielt auf die Trickster-Theorie von C.G. Jung an. Das Cover ist eine alchemistische Zeichnung des Schöpfungsprozesses. Derart bedeutungsschwer sind auch die Texte. Wollte Freud die menschliche Psyche biologisch und Lacan sie mathematisch verstehen, ging Jung die Sache mythologisch an.

„Mask“ ist ein ruhiger Kammerpop-Song mit Streichern und weichem Gesang, mit dem Price die komplizierten Gedanken von Jung zu fassen versucht: Menschen tragen ein Verhalten zur Schau, das sie von der Gesellschaft als Kind lernten. Es sind Rollenbilder, geformt durch Märchen und Mythen. Bedauernd stellt Price fest: „And now all the gods have died, poisoned by words that colonize. There’s no opposition, paradox, where’s the tension?“ Das Esoterische, ja Anti-Aufklärerische bei Jung war, was Freud schließlich mit ihm brechen ließ.

Es folgt mit „Mercury“ ein instrumentales Klavierstück, das dem römischen Gott Merkur gewidmet ist, ein Trickster, also nach Jung ein Unruhe stiftender göttlicher Schelm. Er führt die Seelen in die Unterwelt. Es ist die Selbstvorstellung Waters als Psychiater, sprich als der, der die Psychen zu ihrem dunklen Selbst führen will. In dem schönen, fast sechsminütigen Popsong „Descend“ übernimmt Price die Rolle der herabsteigenden Seele: „It takes me over, leaves me out of control, can’t fight this anymore.“ Er trifft dann im zweiten, Streicher-lastigen Interlude „Pluto“, den Gott des Totenreiches, und ist bereit zur Veränderung. Hier wird sogar RICHARD STRAUSS („Der Tod von Agamemnon aus Elektra) zitiert. Nun beginnt der sanfte Wiederaufstieg zu lichten Höhen.

Nun, das 7-Track-Album Empyreum ist vielleicht kein intellektuelles Festessen – das wäre vermessen. Doch ist’s ein bekömmliches Mahl, fürwahr. Soviel der Eloquenz.

 

Spirit And The Trickster
Empyreum
(Selbstvertrieb)
VÖ: 20.09.2020

www.spiritandthetrickster.com

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