Weit haben ihre Füße sie getragen: 34 Jahre und 10 Platten haben DRITTE WAHL schon hinter sich. Nun melden sich die Rostocker drei Jahre nach 10 zurück. Das gute Gewissen der Deutschpunk- und Deutschrock-Mischszene hat mal wieder 14 Tracks raus.
„Ikarus“ beginnt freundlich im Ska-Rhythmus, bevor GUNNAR SCHROEDER (Gitarre) von dem tiefen Fall eines Julians erzählt. Doch welcher Julian? Doch nicht etwa der rechte Bild-Chef Reichelt? Das kann eigentlich nicht sein, wenn sie im nächsten klassischen Dritte Wahl-Punktrack „Was zur Hölle…?“ die Folgen der Naturzerstörung beschreiben. Gott persönlich ist hier geschockt über das Treiben der Menschheit: „Soll euch doch der Teufel hol’n mit seinen billigen Parolen!“ Auch an den Horror des rechten Pogroms in Rostock-Lichtenhagen 1992 erinnert die Band („Brennt Alles Nieder“) erneut. Im Vergleich zum alten „Macht Die Augen Auf“ hört man noch einmal die musikalische Entwicklung.
Die vier Kerle haben ihren Sound im Laufe der Jahre professionalisiert und erlauben sich keine Experimente mehr. Sie kennen die Bedürfnisse ihre Fans: Befreiung von der Stadt („Zur See“) ähnlich wie einst DIE ÄRZTE („Grau“). Da versucht mann sein Verhältnis zur holden Weiblichkeit zu klären („Schöne Frau Mit Geld“) und grölt zum Spaß gemeinsam („Ohne Mich“, „Zusammen“). Eher also ein Ritual als ein gelungenes neues Album.
Dritte Wahl
3D
(Dritte Wahl Records)
VÖ: 18.09.2020
