Wer sich am vergangenen Sonntag in den Hallen des Heimathafen Neukölln einfand, der wusste, worauf er sich einließ: Musik als Grenzerfahrung stand auf dem Programm, Sound als ein körperliches Erlebnis war garantiert. Das CTM-Festival hatte die Drone-Schwergewichte SUNN O))) geladen. Der Andrang war so groß gewesen, dass die Band zweimal antrat. Während sie am Samstag ohne Sänger auskam, holten sie für den Sonntag ATILLA CSIHAR (MAYHEM) mit ins Boot, mit dem sie 2009 zusammen die Monoliths & Dimensions eingespielt hatten.
Als Vorband für SUNN O))) zu fungieren, schürt große Erwartungen. Diesen konnten sich die Berliner von SHADDAH TUUM aber zweifelsohne stellen. In ihrem stoischen Noise waren Rhythmen zu finden, die man fast schon der Stammesmusik zuordnen könnte. Obwohl sehr experimentell, gab es hier noch genügend Struktur, um auf das, was noch kommen sollte, einzustimmen: den Abschied von klassischen Songvorstellungen.
Eine Wand aus Verstärkern wurde eingehüllt von einer dichten und blutroten Nebelwand, hier und da durchzogen von blauen Blitzen, die für den Rest der Show nicht verschwinden sollte. SUNN O))), gekleidet in tiefen und dunklen Roben, positionierten sich auf der Bühne und ließen dröhnenden Bassdonner los, der den gesamten Körper durchdrang und jedes Härchen auf der Haut zum Vibrieren brachte. Ebenfalls in eine dunkle Robe gehüllt, betrat Csihar nach gefühlten zwanzig Minuten die Bühne. Er bediente sich bei Fragmenten von Monoliths & Dimensions und improvisierte mit der Band, um Lücken zu füllen. Dabei knurrte und keifte er in sich hinein, während Haltung und Handbewegungen an einen Hexenmeister denken ließen. Hier und da entwickelte Cishars Gesang einen nahezu sakralen Ton, während an anderer Stelle die Wurzeln im Black Metal deutlich wurden.
Nach rund zwanzig Minuten verließ Csihar die alptraumhafte Szenerie wieder, während SUNN O))) unbekümmert weiter dronten und einige Teile des Publikum nahe der Bühne zweifelsohne in Trance versetzten. Nach weiteren zwanzig Minuten kehrte Csihar im bekannten Kostüm des broken mirror man zurück. Wie ein Dämon aus einer surrealen Dimension, am ganzen Körper bedeckt mit zerbrochenem Spiegelglas und mit einer Spiegelsplitterkrone auf dem Kopf, schoss er beim Umklammern des Mikrofons blaue Leserstahlen aus seinen Händen in sein Haupt und verteilte diese, den dicken Nebel durchschneidend, im ganzen Konzertraum. Ein audiovisuelles Pandämonium in voller Blüte.
Nach 90 Minuten des absoluten Wahnsinns schlossen CSIHAR und SUNN O))) die Pforten zur Hölle und entließen das Publikum mit Erinnerungen an ein Konzert, das es so wohl kaum ein zweites Mal geben wird.