The Airborne Toxic Event – dto.

The Airborne Toxic Event - The Airborne Toxic Event

Inzwischen haben wir ja schon eine gewisse Routine, wie man mit Indie-Modewundern umgeht: Zum Beispiel, die Kritik feiert eine neue Band, nennen wir sie THE AIRBORNE TOXIC EVENT. Wir checken erstens: Zünden die Melodien? Ja. Zweitens: Kann man dazu tanzen? Na, aber! – Okay, akzeptiert.

Nach privaten Krisen fasste MIKEL JOLLET den folgenschweren Entschluss, den eigenen Horror mit dem Leben nicht wie geplant in Romanen, sondern in Rocksongs zu verarbeiteten. Dazu suchte er sich 2006 in Kalifornien eine schlagkräftige Mannschaft zusammen: DAREN TAYLOR (Drums), NOAH HARMON (Bass), STEVEN CHEN (Gitarre, Keyboard) und ANNA BULBROOK (Violine). Sie alle unterstützen ihn als Sänger auch stimmlich. Auf Konzerten verdienten sie sich so viel Applaus, dass die Indie-Sender begannen, sich für sie zu interessieren. 2008 erschien in den Staaten dann ihr Debüt und ließ sie noch über ihren lokalen Starstatus hinauswachsen.

Schon der erste Song ‚Wishing Well‘ macht klar, THE AIRBORNE TOXIC EVENT haben ihre Hausaufgaben in Sachen Independent Pop gemacht. Man orientiert sich hörbar am Brit-Sound oder auch an ARCADE FIRE, und seine literarischen Ambitionen kann JOLLET jetzt beim Songwriting ausleben. Alles reimt sich irgendwo und bedarf nicht unbedingt eines geschliffenen Refrains, was ihm aber auch hier und da durchaus gelingt.

‚Papillon‘, im trotzigen Bass gesungen, ist der Schlag, mit dem sich JOLLET von einer miesen Vergangenheit befreit. Hier hört man fast das kaltschnäuzige „Fuck ‚em!“ eines CARL BARAT heraus. Die Gitarren rollen, der Sänger brüllt es einem ins Gesicht: „Oh yeah, I‘ve been just fine!“ Danach haut die Band den nächsten Hit aus dem Ärmel, die Single ‚Gasoline‘. JOLLET träumt im Singalong von seiner Teenmagazin-versauten Jugend: „All those tender days at your mother‘s house and your father would find my hand inside your blouse.“

All das glaubt man ihm genauso wie sein flehendes „Sorry! I merely lost my head!“ aus ‚Happiness Is Overrated‘. Hier stampft er endgültig auf dem Dancefloor und gibt zu: Er ist viel zu liebevoll, um eine Dreckssau zu sein. Er hat also eher was von DOHERTY als von BARAT, eher was vom jungen Schiller als von Brechts Baal. Nur so jemand kann solche Dramen schreiben wie das komplexe ‚Innocence‘.

Nach all dem Lob muss auch etwas Kritik eingestanden werden. Die Damen und Herren liefern nicht viel wirklich Neues ab, und die einzelnen Songs bauen sich doch etwas langatmig auf. Bloß gut, dass wir in Deutschland drei zusätzliche Tracks serviert bekommen, sonst wäre die Platte doch ein wenig mager ausgefallen. Denn um ‚The Winning Side‘, das sich bis zu einer Art Kneipenchor entwickelt, sind wir doch bereichert.

Wer solch einen Erstling zustande bringt, muss live eigentlich erst recht großartig sein, und praktischerweise kommt das Quintett auch schon im April auf Deutschlandtour und promotet diese wirklich lohnenswerte Anschaffung.

THE AIRBORNE TOXIC EVENT am 22.04.09 live in Berlin/ Lido

THE AIRBORNE TOXIC EVENT
The Airborne Toxic Event
(Def Jam Island/ Universal)
VÖ: 01.05.2009

www.myspace.com/theairbornetoxicevent
www.theairbornetoxicevent.com

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