THE CORAL – Butterfly House


Schön, aber nicht berauschend.



In so manchen Blogs werden THE CORAL selbst nach ihrem aktuellen, mittlerweile fünften Release als Geheimtipp gehandelt. Die Tatsache außer Acht lassend, dass die Band sich in den Zeiten ihres Debüts 2002 schon einen Namen machte. Die Singles ‚Dreaming Of You‘ und ‚Pass It On‘ zeugten von leichtfüßigem Charme, der THE CORAL sogar in die Charts brachte. Die Alben, denen sie entsprangen, wurden allseits für ihren Einfallsreichtum und Verve gelobt.

Zwei Dinge sind seitdem passiert. Erstens bekam der britische Indierock mit Bands wie THE LIBERTINES, ARCTIC MONKEYS oder KLAXONS einen aktuellen Anstrich. Und zweitens entwickelte sich THE CORAL von spitzbübischen, genrehüpfenden Psychedelic-Strolchen zu geradlinigeren Musikern. Vorbei die Songs über Piraten und vorbei auch die taumelnden Tempovariationen. Die gefürchtete „Reife“ hatte in THE CORALS Musik Einzug gehalten.

Nicht, dass das unbedingt schlecht gewesen ist, denn die nachfolgenden Alben waren vielleicht nicht spektakulär, aber solide und enthielten doch immer mindestens einen Song, der goldwert war. Trotz alledem kommt man nicht umhin, eine gewisse Enttäuschung zu verzeichnen, wenn man beispielsweise Zeuge einer der frühen Shows sein durfte und sich nun fragen muss, was wohl aus ihnen hätte werden können.

Mit Butterfly House schreitet die Band in derselben Richtung voran. Die Platte ist reich an Harmonien, akustischen Gitarren und Streichen, währen Sänger JAMES SKELLY unentwegt croont. In einigen Momenten passt alles wunderbar zusammen. Wie zum Bespiel bei der ersten Single ‚A Thousand Years‘: sie ist süßlich-sommerliche Pyschedelia, die uns in die 60er nach San Francisco schippert. Auch ‚Butterfly House‘ ist einer der gewinnenden Tracks. Es lockt mit einer wonnigen Harmonie, folkigen Trillern und Lyrischem über die See, die Romantik und das Verlangen.

Bezeichnenderweise weisen gerade diese beiden Songs das auf, was den anderen auf Butterfly House fehlt, nämlich jener sich hochschraubende Tempowechsel. Bei diesen und dem etwas schwereren Schlusslicht des Albums, ‚North Parade‘, packen THE CORAL endlich ihre Distortion-Pedals aus und erinnern den Hörer an ihre erfrischenden und feurigen Tage.

Das übrige Liedgut ist ohne Frage lieblich und schön und scheint ein weiterer Beweis dafür zu sein, dass Bands vom Mersey River genetisch vererbt ein Gespür für 60s-Klassiker innewohnt. Es wäre freilich töricht, THE CORAL vorzuhalten, dass sie nicht mehr nach „Skeleton Keys“ schreien oder akustische Spaghettiwestern schreiben. Dennoch hat die Band, als sie sich einer neuen Langsamkeit verschrieb, ihren charakteristischen Klang eingebüßt und erinnert nunmehr an andere – was auch deshalb so bedauerlich ist, wenn man bedenkt, wie stark sie sich einst im Musikzirkus abzusetzen wussten.

THE CORAL live am 28.10.2010 im Frannz

THE CORAL
Butterfly House
(Deltasonic/Cooperative Music/Universal)
VÖ: 30.07.2010

www.thecoral.co.uk
www.myspace.com/thecoral
www.deltasonicrecords.com

Autor: [EMAIL=alexandra.wolf@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Alexandra Wolf[/EMAIL]

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