Die DECEMBERISTS, benannt nach einer politischen Gruppe russischer Adliger des 19. Jahrhunderts, hatten sich erneut für Berlin angekündigt. Am 30. September sollte wieder die eigenwillige Show der US-Folkpopper auf der Bühne stehen, von der man sagt, dass sie eher einem nostalgischen Theaterstück ähnelt, denn einem Rockkonzert.
Der Supportact LAND OF TALK hat es sich bereits im Fritz-Club des Postbahnhofs gemütlich gemacht, als er sich allmählich mit Fans füllt. Er ist nicht übel ausgewählt. Das Trio aus Montreal spielt wohlig wärmenden Indierock und bereitet so auf die besondere Atmosphäre des folgenden Konzerts vor.
Es sind fast durchweg gestandene Fans, die THE DECEMBERISTS begrüßen. Das Konzert zu ihrem letztjährigen Album The Crane Wife beginnt natürlich mit dessen Titelstück (Teil 1 und 2). Auch wenn nicht alle in entsprechender Tracht (Anzüge, lange Röcke, Koteletten, Seemannsmützen) erscheinen, können sie sich wie immer als Zentrum der neuen amerikanischen Romantikwelle präsentieren. Was in den 80ern mit Pop- und Indiebands begann, wird gerade neu aufgefrischt. Dazu gehören nicht nur Outfit, sondern auch der Konzeptstyle der Band.
Neben dem Albumbookletlayout sind es die romantisch verbrämten Lyrics um Liebe, Leid, Natur und Tod, die so einen geistigen Überbau schaffen. Auch die schwierigsten Texte werden von den Fans mitgesungen, was wohl am sympathischen Vorbild von Frontmann COLIN MELOY liegt. Mit absichtlich irisch-englisch anmutenden Akzent und viel Leidenschaft verkörpert er jenen Mann von der Küste, der, wie er verrät, gar nicht wirklich so viel von Walen versteht und sich eher „born for the stage“ fühlt.
Das ist pure Kunst, gemacht von Musikern, denen man ihren Spaß am Schauspielern ansieht. Alle fünf verfügen über eine Multiinstrumentalität, die nötig ist, um die E-Gitarre mit Pauke, Tamburin, Geige, Hurdy Gurdy und so weiter zu unterstützen. Selbst wer Folk nichts abgewinnen kann, muss zugeben, dass hier ein hohes Maß an Professionalität vorherrscht. Dafür werden sie auch lauthals von ihren Fans bejubelt.
Besonders niedlich in deren Augen sind wohl die Gesang- und Instrumental-Duette (z.B. in ‚A Cautionary Song‘ zwischen MELOY und JENNY CONLEE, die für die Keyboards und das Akkordeon zuständig ist. Zusammen mit ihren Kollegen bringen sie das Publikum zum Schwelgen, Schunkeln und Schreien mit Stücken von allen drei LPs. Die Kommunikation mit den Zuschauern läuft dabei fast ausschließlich über MELOY, der sich auch in die Masse hineinwagt. Drummer JOHN MOEN macht nicht nur gute Beatarbeit, sondern ist auch MELOYS gesangliche Stütze.
Am Ende beweisen die Dezemberisten, dass man auch mit einem Kontrabass E-Gitarren-typische Auflösungssoli spielen kann. Seltsam, aber faszinierend.
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