VALKE – Berliner Act des Monats März 2011


Ein eigenes Verständnis von „Pop“.



Das ursprünglich aus einem kleinen Ort in Brandenburg stammende, inzwischen in Berlin beheimatete und zum Quartett angewachsene Künstlerkollektiv VALKE hat sich von Beginn an einer sehr eigenwilligen Interpretation von (Indie-) Pop und Rock verschrieben, deren Umsetzung auf einer eher ungewöhnlichen, gerne Trompete, Bass und Samples in den Vordergrund rückenden Instrumentierung beruht und die die Einbeziehung der Gitarre („das überbewerteteste Instrument der Populärmusik“) völlig außen vor lässt.

Ganz dem Do-it-yourself-Gedanken verpflichtet, veröffentlicht die Band nach ihrem Debütalbum nun auch die großartige neue EP All Things White (VÖ 25.03.2011) wieder in kompletter Eigenregie und stellt sie zudem auf www.valkevalke.bandcamp.com zum freien Download bereit. Kurz vor der ) im NBI (Kulturbrauerei) stand uns die Band noch für ein Interview zur Verfügung.

popmonitor.berlin: Wie kam es ursprünglich eigentlich dazu, auf die im Indie (-rock) eigentlich unabdingbare Gitarre zu verzichten? Ist die Gitarre für Euch wirklich „das überbewerteteste Instrument der Populärmusik“? Oder war das anfangs schlichtweg der Not geschuldet, keinen Gitarristen zu haben?

Valke: Den letzten Punkt können wir zum Glück leicht von uns weisen: Tim, unser Trompeter und Trommler, ist eigentlich Gitarrist. Aber er hat das Interesse am Instrument verloren. Auf unserer Debütkassette haben sich auch noch einige Gitarrenspuren verloren, doch inzwischen hat sich das lange nicht mehr angeboten. Die Gitarre ist definitiv überbewertet. Natürlich ist es möglich, mit diesem Instrument ganz wundervolle Sachen zu veranstalten. Aber es ist immer eine Frage vom Wie und Wann: Die meisten Bands sehen die Gitarre als Selbstzweck, es ist wie ein Dogma: Zu moderner Pop- oder Rockmusik gehört der Gitarrist, der im schlimmsten Fall die immer gleichen Lagerfeuerakkorde spielt. Das sorgt zum einen dafür, dass viele Lieder nicht die Instrumentierung erhalten, die wirklich passt. Und noch viel wichtiger zu erwähnen: Es klingt irgendwann alles sehr ähnlich.

Ihr seid ja inzwischen zum Quartett angewachsen (gab es auch andere Besetzungswechsel?). Beruhte diese Entscheidung auf der Notwendigkeit bzw. dem Wunsch, die Stücke auch live adäquat umsetzen zu können?

Die Songs der Debütkassette waren in der Anfangsbesetzung als Trio live schwer umzusetzen, da wir alle mehrere Instrumente für die Kassette einspielten und erst danach versucht haben, das live irgendwie umzusetzen. Für diese Instrumentenvielfalt sind drei Musiker einfach zu wenig, wenn man nicht zur International Playbackband verkommen will. Unsere ursprüngliche Geigerin hatte schließlich nicht genug Zeit für regelmäßige Auftritte und weitere Aufnahmen, sodass wir nun mit unseren alten Schulfreunden Julia (Geige) und Heinrich (Klavier, Synthesizer) musizieren. Vor allem durch die Tasteninstrumente ergeben sich nun viel mehr Möglichkeiten.

Mehr noch als auf dem Debütalbum kristallisiert sich auf der gerade erschienenen EP All Things White ein sehr eigenes Verständnis von „Pop“ im weitesten Sinne heraus. Transparentere, eingängigere Strukturen stehen einem eher dekonstruierenden Ansatz mit ungewöhnlicher Instrumentierung gegenüber, wie man es zusammengenommen bspw. auch von Philip Boa, Deus, Yo La Tengo oder Radiohead kennt. War dies vor den Aufnahmen ein bewusster Schritt in Richtung eines brüchigen, „arty“ Indiepop?

Ein bewusster Schritt in eine solche Nische war es nicht, gerade das versuchen wir ja zu vermeiden. Bewusst war uns jedoch, dass wir das Kapitel der durchkomponierten Songs der Debütkassette erst einmal abgeschlossen haben. Wir finden es inzwischen spannender, unsere Ideen in dieses altbekannte Pop-Korsett einzuspannen – jedoch mit unseren Eigenheiten im Arrangement und einer (wohl verhältnismäßig) ungewöhnlichen Instrumentierung.

Welche Unterschiede zum Debütalbum würdet Ihr selbst herausstellen wollen?

Wie bereits genannt, sind die Strukturen klarer. Da wir uns inzwischen als Band eingespielt haben, fokussieren wir uns auf die Kerninstrumente Bass, Geige, Trompete und Klavier. Früher war in der Instrumentierung eine größere Unruhe, sprich: Abgesehen vom Bass gaben wir keinem Instrument die nötige Zeit, eine eigene Sprache zu finden.



Wie darf man sich die Herangehensweise und die Entstehung der Songs vorstellen, auf eher improvisatorischer Jamsession-Basis oder auf Grundlage eines konkret vorgegebenen Songwriting-Konzepts? Oder hat sich das im Laufe der Zeit bzw. insbesondere mit der neuen EP auch verändert?

Wir mischen diverse Formen des Songwritings. Von Proberaumjams über Kreativproben in kleineren Gruppen, bei denen im Detail gefeilt und aufgenommen wird bis hin zu Emails voller Songideen. Was vermutlich ungewöhnlich für eine „Popband“ sein mag: Neue Songs existieren immer im vollen Arrangement auf meinem Rechner, bevor sie zu viert in einem Raum gespielt werden.

Eure Veröffentlichungen erscheinen ja im Eigenvertrieb, die neue EP stellt Ihr sogar gleich zum kostenlosen Download bereit. Besteht eurerseits auch Interesse, in Zukunft vielleicht andere Wege zu beschreiten und die professionellen Strukturen von Label und Vertrieb zu nutzen? Oder war es von vornherein eine bewusste Entscheidung für ein Do-it-yourself-Modell?

DIY hat bisher am besten zu VALKE gepasst. Wenn sich jedoch eine interessante Alternative aufzeigt, mit der wir uns wohl fühlen, würden wir natürlich auch eine Veröffentlichung auf anderem Wege probieren. Man sollte jedoch nicht bei einem Label sein wollen, nur um bei einem Label zu sein.



Am 31.03. findet die EP-Record-Release-Party im NBI statt, auf was können sich die Besucher freuen? Irgendwelche Specials oder Überraschungen?

Wir werden unsere EP sowie vollkommen neue Lieder präsentieren, unser Spongebob ist ebenfalls im Gepäck sowie zahlreiche Feldaufnahmen und andere technische Spielereien. Außerdem haben wir unsere EP, die wir online verschenken, in haptischer Form dabei. Wir freuen uns auf einen wirklich schönen Konzertabend zusammen mit Jim Kroft.

Wie sehen Eure weiteren Pläne für 2011 aus, möchtet Ihr auch verstärkt außerhalb Berlins live präsent sein, ggf. auch Festivals, Supportshows etc. spielen?

Eine ausgedehnte Supporttour mit einer Band, zu der wir passen, wäre eine schöne Sache. Und veröffentlichungstechnisch: Nach der Debütkassette und der EP werden wir bis zum Sommer noch eine Single veröffentlichen. Der nächste Schritt ist dann ein Album, auf dem alte und neue Ideen aus der Schublade zusammengeführt werden.

Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft!

Die EP:

VALKE
All Things White
(Eigenvertrieb)
VÖ: 25.03.2011

VALKE (EP-Release-Konzert) + www.myspace.com/valkevalke
www.valkevalke.bandcamp.com

Fotos © Valke
Autor: [EMAIL=thomas.stern@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Thomas Stern[/EMAIL]

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