VNV NATION – Automatic


Nicht automatisch besser.



„Victory not Vengeance“, kurz: VNV – so haben es sich Ronan Harris und Mark Jackson auf die Fahnen geschrieben. Setzt ihr gerade frisch erschienenes Album Automatic diesen Siegeszug durch die Dark Electro / Futurepop Szene fort? Ich war gespannt…

Zunächst springt beim Betrachten des Digipaks ins Auge, dass das Artwork und die Fotos im Retro-Look der 20er/30er Jahre gehalten sind. Die wie so oft sehr metaphernreichen Texte drehen sich dann auch verstärkt um Mensch, Maschine und technologische Weiterentwicklung des letzten Jahrhunderts.

Seit dem Vorgänger-Album Of Faith, Power and Glory sind 2 Jahre ins Land gegangen, womit das irisch-englische Duo seinen mittlerweile üblichen Release-Turnus konsistent weiterführt.

Aber genug Vorgeplänkel – wie klingt Automatic?
Schon beim Anhören des Intros ‚On-Air‘, welches krudes Ätherrauschen mit sanft-klangvollen Harmonien mischt und damit gegensätzlich Scheinendes musikalisch vereint, fällt auf, dass VNV NATION an ihrem 2005 mit Matter & Form begonnenen und über die zwei Nachfolgealben fortgesetzten Kurs der kontinuierlichen Sound-Aufrauung festhalten: Weg von weichen und flächigen Klängen aus gefühlten 1000 Synthesizern, hin zu minimalistischerem, harscherem Sound, ohne dabei allerdings die VNV-typischen zuckersüßen, mit einem Wermutstropfen Wehmut vermischten Harmonien ebenfalls wegzurationalisieren.

Diesmal hat man sich neben den Instrumenten auch den Gesang vorgeknöpft: Ronans in natura recht sanfte Stimme ist nun deutlich härter, zum Teil sogar leicht übersteuert abgemischt. Insgesamt verbauen Harris und Jackson auf diesem Album mehr Dur- als Moll-Harmonien, was dem Werk einen insgesamt froheren (aber noch lange nicht frohen) Charakter verleiht.

Nach dem ersten Hören ließ mich Automatic mit durchwachsenen Gefühlen zurück: Trotz der erkennbar neuen Elemente war mir insgesamt doch zu wenig Neues dabei: Kaum harmonische oder rhythmische Überraschungen, einige Strukturen sind mir zu dicht an den Vorgängerwerken angelehnt, so mancher Songaufbau war für mich vorhersagbar.
Das ging mir seit dem 2005er Kurswechsel zum ersten Mal so: Matter & Form hinterließ mich schwer begeistert, Judgement und sein Nachfolger immer noch sehr angetan, das vorliegende Werk riss mich nun erstmals nicht mehr vom Hocker.

Dann entdeckte ich jedoch einen interessanten Effekt: Schon beim zweiten Mal hören hatten einige Songs derart starken Ohrwurmcharakter, dass ich unweigerlich mitsummen musste. Und als ich mich nach dem dritten Hördurchlauf am nächsten Morgen dabei erwischte, wie ich unbewusst ‚Streamline‘ vor mich hinpfiff, war mir klar: Dieses Album ist wie eine Liebe auf den zweiten Blick: Man muss ihm einfach etwas Zeit geben, dann belohnt es einen mit genügend neuem Repertoire für den morgendlichen Duschgesang. :)

Anspieltipps: ‚Space & Time‘, ‚Resolution‘, ‚Streamline‘, ‚Gratitude‘.
Fans könne getrost kaufen, VNV-Frischlinge orientieren sich eventuell erstmal am Klang von Matter & Form und tasten sich von dort aus über die folgenden Alben vor.

VNV NATION
Automatic
(Anachron Sounds / Soulfood)
VÖ 16.09.2011

www.myspace.com/vnvnation
www.vnvnation.com

Autor: [EMAIL=alexander.lorenz@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Alex David Lorenz[/EMAIL]

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