Unbefangen, mitreißend, beflügelnd: nichts anderes als das sind WE HAVE BAND und genau das ist auch auf dem neuen Album Movements zu hören, das ab Montag (28.04.14) in den Plattenläden zu erhalten ist. Freudestrahlend empfangen THOMAS WP, DEDE WP und DARREN BANCROFT in den Mauern des Michelberger Hotels, vor dem sich Menschenmassen hektisch ihren Weg bahnen. Der Raum mit vollgedecktem Tisch wirkt da wie die reinste Entspannungsoase eines Urlaubsbungalows mit All-You-Can-Eat. Von rechts eilt Kokoswasser, von links folgt der Kuchen. Hat man etwas anderes erwartet? Offen gestanden: ja. Wer die hypnotischen Live-Auftritte der Band schon mitbekommen hat oder sich schon zu sehr an das Vorgänger-Album Ternion gewöhnt hat, der wird sich vielleicht schon fatalerweise dazu verführt gefühlt haben, das Trio als melancholischer wahrzunehmen.
Im Interview mit Popmonitor spricht die redselige Electro-Pop-Band aus England über die Einflussquellen ihres neuen Albums, über „depressive disco“ und die wohl beflügelnste Tätigkeit der Welt: das Tanzen.
Am 28. April erscheint euer neues Album Movements, das sich atmosphärisch ganz wesentlich von Ternion unterscheidet. Ist eure Zusammenarbeit mit LCD Soundsystem-Produzent Tim Goldsworthy dabei eine entscheidende Einflussgröße gewesen?
THOMAS: Ich denke nicht. Es war uns wichtig, mit jemandem zusammenzuarbeiten, von dem wir dachten, dass er die Musik, die wir ohnehin schon gemacht haben, gut finden würde. Unsere Studio-Phase war da schon längst abgeschlossen. Wir hatten uns vorher dazu entschieden, die Aufnahmen eigenständiger und weniger in Zusammenarbeit mit Leuten von außen zu gestalten, so dass wir die Songs auch lange Zeit für uns selber weiterentwickelt und eigenständig produziert haben. Tim hat sich in ein paar Liedern auf einige wenige Elemente konzentriert und dabei gewisse Bausteine verstärkt oder einfach ein paar Sachen herausgeschnitten, die vielleicht nicht unbedingt nötig waren. Er war mehr der Aufseher über allem, weniger der Produzent.
DARREN: Die letzte Platte war insgesamt ein bisschen kälter, vereinte verschiedene Nuancen in sich und hat mit Kontrasten gespielt. Zu Beginn der Arbeiten für das neue Album hatten wir Lust dazu, etwas Wärmeres, Lebendigeres und Vergnüglicheres zu gestalten. Wir hatten ein neues Studio und alles kam uns ein wenig wie früher vor. Im Studio haben wir dann viel Wein getrunken und Musik gehört.
DEDE: Und es war Sommer! Wir waren viel draußen, haben uns ans Wasser gesetzt, gequatscht und sind dann noch ausgegangen. Die Stimmung war im Ganzen sehr losgelöst. Wir hatten viel Spaß!
Ich persönlich mochte ja die Kühle innerhalb von Ternion. Das war ein bisschen mehr „depressive disco“. Jetzt ist euer Sound disco. Ist Tanzen insgesamt eure Art der Verarbeitung?
THOMAS: Ja, Tanzen wird immer eine Art Wertvorstellung unserer Musik sein. Man könnte das neue Album mit den Worten „uplifting disco“ oder „kitsch disco“ beschreiben. Ein bisschen wie bei unserem ersten Album. Man kann das ganz ohne Schamgefühl sagen: Wir sind eine Dance-Band! Wir machen Musik, zu der du tanzen kannst!
DARREN: Ich finde es gut, dass du von „depressive disco“ sprichst! Viele Leute haben sich bei dem letzten Album sehr stark auf die Texte konzentriert und darauf, dass es sich so düster angehört hat. Dabei waren alle Songs stets tanzbar! Disco ist doch häufig düster! Die Texte hatten sicher eine etwas andere Färbung, aber musikalisch war es ja trotzdem Disco! Und wenn du zu unserer Show kommst, dann wirst du sehen, dass es immer noch eine Dance-Party sein wird. Man kann zu allem die Füße bewegen!
Bei aller Liebe zur Tanzwut, aber habt Ihr nicht manchmal das Bedürfnis danach, einfach mal die Tür zu verschließen und die betrübte Schiene zu fahren?
DEDE: Also mir ist nicht nach betrübten Songs zumute!
DARREN: Wir hören aber auf jeden Fall eine ganze Menge ruhige Sachen wie BON IVER und RADIOHEAD. Aber oh Gott, das muss gesagt werden: Wir stehen um Himmels Willen nicht mit dröhnenden Boxen auf, singen „Da-Da-Da“ und „Wohooo“ und tanzen uns einen ab!(lacht)
THOMAS: Wir hören auch gerne die frühen SMITHS! Wir mögen den ganzen depressiven Kram, aber wir wissen eben auch, worin unsere persönlichen Stärken liegen. Wir wären nicht gut darin, ein Downtempo-Album à la BON IVER aufzunehmen. Wir sind einfach Uptempo! Bewusst oder unbewusst.
Auf ‚Someone‘ ruft Ihr dazu auf, für die Träume einzustehen und Realität werden zu lassen. Ist das ein Appell an die Youngsters?
DARREN: Der Song ist das Ergebnis unserer Lebensweise. Wir sind sehr glücklich, denn wir treffen jeden Tag nette Menschen wie Dich, reden mit diesen und haben drei Platten aufgenommen. Trotzdem sind wir auf dem Boden geblieben. Am Anfang war das alles doch eine Art Experiment für uns. Ein Experiment, das sich am Ende als wirklich gut für uns herausgestellt hat. Man kann Dinge ausprobieren und es wirklich schaffen. Das heißt nicht, dass es immer einfach ist, aber du kannst nicht aufgeben und du kommst ganz gewiss auch über Dinge hinweg. Ob das jetzt eine Beziehung oder ein Job ist – du kannst die Dinge durchstehen und von einem Fleck zum nächsten geraten, so wie wir das auch tun.
Welche „Movements“ habt Ihr euch denn für dieses Jahr noch vorgenommen?
THOMAS: Wir starten jetzt im April mit unseren Shows und dann kommen die Festivals. Anschließend wird wieder getourt. Hoffentlich finden wir dann die Zeit für ein neues Album. Das müssen wir unbedingt! Das aktuelle Album wurde ja auch vor über einem Jahr von uns geschrieben. Nicht produziert, aber geschrieben. In drei oder vier Monaten haben wir vielleicht ein bisschen Zeit zwischen den Festivals dafür, aber wir fangen jetzt schon an, darüber nachzudenken!
DARREN: Und wir haben sechs Shows in Deutschland!
DEDE: Und wir kommen hoffentlich dann im Herbst auch noch einmal zurück!
WE HAVE BAND am 27.05.14 live in Berlin @ Berghain
WE HAVE BAND
Movements
(naïve)
VÖ: 28.04.2014