Winter International Arts Festival 2018, Sotschi

Foto: Molchanovsky Alexei

Noch bis zum Wochenende findet im direkt am Schwarzen Meer gelegenen Sotschi wieder das WINTER INTERNATIONAL ARTS FESTIVAL statt. Unweit des Olympiaparks, in dem anno 2014 die Olympischen Winterspiele stattfanden und auf dessen Gelände in diesem Sommer auch Spiele der Fußball-Europameisterschaft stattfinden werden, ist das 1938 nach Plänen von Architekt K. N. Chernopyatov errichtete, vor gut zehn Jahren renovierte und erweiterte Winter-Theater erneut ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm zwischen Oper, Tanz und Musik von Jazz bis Klassik.

Auch für die elfte Ausgabe fungiert YURI BASHMET, Dirigent und Bratschist der MOSKAUER SOLISTEN, wieder als künstlerischer Direktor des Festivals und erweckt die Philosophie des Festivals in seiner fantasievollen Verquickung unterschiedlicher Spielarten zum Leben. Wie im vergangenen Jahr werden wir aus Sotschi berichten und freuen uns schon jetzt auf vier spannende Abende…

Foto: Alexei Molchanovsky

Unser erster Abend gestaltete sich spektakulär: Wie im vergangenen Jahr hatte sich Bashmet zum Tanz-Abend im Programm für eine italienische Companie entschieden, nach den IMPERFECT DANCERS waren es diesmal die Tänzerinnen und Tänzer von DANIELE CIPRIANI ENTERTAINMENT unter der Leitung von MAURO BIGONZETTI, die ihr vor zehn Jahren an der Mailänder Scala uraufgeführtes und in der Folge in der Heimat ausgiebig betourtes „mediterranes Ballett“ zu frischem, pulsierendem Leben erweckten. Getrieben und getragen von einer Musik, in der neben Mozart vor allem unterschiedliche Folktraditionen anklingen, wurde so ein Kulturpanoptikum insbesondere der europäischen Tradition gezeichnet, in der Choregrafie kongenial facettenreich, stets jedoch von inniger Dringlichkeit – und das über die vollen anderthalb Stunden mit bewundernswerter Präsenz und Energie.


Foto: Friedrich Reip

Am zweiten Abend kehrten wir dem Meer den Rücken zu, denn in Rosa Khutor, Skifreunden spätestens seit den Olympischen Spielen 2014 für seinen traumhaften Puderschnee bekannt, stand der spannendere Programmpunkt an: eine Live-Orchestrierung des russischen Animationsklassikers „Mowgli“. Eine Verquickung von fünf zwischen 1967 und 1971 erstausgetrahlten Cartoon-Episoden, ist der Film deutlich düsterer als Disneys „Dschungelbuch“, mit dem er dabei nicht nur den Protagonisten, sondern auch das Gros der Nebenfiguren teilt. Zur Filmaufführung spielte das NOVAYA ROSSIYA STATE SYMPHONY ORCHESTRA unter Dirigent DENIS VLASENKO den von der legendären SOFYA GUBAIDULINA komponierten Original-Score der Cartoons, eine prägnant moderne Arbeit, die in ihrer Interpretation des Verhältnisses von Bild und Ton ihrer Zeit weit voraus war und noch heute ungealtert frisch wirkt.


Illustration: gabriadze.com

Auch an unserem dritten Abend erlebten wir einen Szenenwechsel – und statteten erstmals in der Chaika Hall im Hauptgebäude des See- und Yachthafens von Sotschi einen Besuch ab, einem der Wahrzeichen der Stadt. Anlass war eine Aufführung der legendäre Stalingrad-Inszenierung des Puppentheaters GABRIADZE THEATRE aus der georgischen Hauptstadt Tiflis. Das Stück blickt mittlerweile auf mehr als zehn Jahre zurück, hat dabei jedoch nichts von seiner emotionalen Dringlichkeit eingebüßt. Deren Konsequenzen waren auch den herausragenden Schauspielern ins Gesicht geschrieben, als sie ihre wunderbaren, zwischen Realismus und Fantasie angelegten Puppen in den Sand legten, der der tragischen Geschichte um die Folgen von Krieg und Gewalt als Spielstätte diente. Ein großer Abend, bei dem die Sprachbarriere kaum je eine Hürde darstellte.


Foto: Alexei Molchanovsky

Unser letzter Abend auf dem diesjährigen WINTER INTERNATIONAL ARTS FESTIVAL war schließlich wieder für eine Premiere am zentralen Theater gut: PAVEL SAFONOV, in Russland vor allem aus Schauspieler am Moskauer Wachtangow-Theater bekannt und beliebt, schuf mit Passions For The Queen Of Spades eine Art Prequel zu Alexander Sergejewitsch Puschkins Klassiker von 1834 bzw. der aus dieser Kurzgeschichte heraus entwickelten Tchaikovsky-Oper von 1890. Für eine Oper mit gut anderthalb Stunden knackig bemessen und mit House Of Usher-inspiriertem Bühnenbild bot die Inszenierung kurzweilige Unterhaltung mit großen Stimmen, der jedoch eine wirkliche eigene Federführung abging.

wiafs.ru/en (auf Englisch)

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