Zwischen Teen Pop und Pop-Punk. 17 Jahre Jonas Brothers-Mania

Die scheußliche JONAS BROTHERS-Mania der 2000er ist zumindest wieder für Tage spürbar. Seitdem sich die einstige Teenie-Sensation 2019 erneut vereinte, schart sie ihre alten Fans um sich. Nach einer Verschiebung war das US-amerikanische Trio nun auch in Hamburg, Köln und München zu Gast und Frauen mittleren Alters schrien sich fast wieder wie in deren Teenie-Jahren die Seele aus dem Leib. Hier ist ein ganz ähnliches Phänomen am Werk wie bei der deutschen Band TOKIO HOTEL der KAULITZ-Brüder.

Schon 2004 war ein Soloalbum für NICK JONAS veröffentlicht worden, um die AARON CARTER-artige Stimme des 12jährigen auszubeuten. 2005 gründeten sich dann die Jonas Brothers in Wyckoff als Band und konnten 2006 ihre erste Platte It’s About Time bei Columbia Records platzieren. Diese bestand hauptsächlich aus billigsten Liebesliedern mit Tagebuch-Texten. Lediglich „I Am What I Am“ von ADAM SCHLESINGER (FOUNTAINS OF WAYNE, IVY, TINTED WINDOWS, FEVER HIGH) und „Mandy“ waren Annäherungen an den Poppunk (Man denke nur an „Josie“ von BLINK-182). Um den Bubble Gum-Pop der Gebrüder als Poppunk zu verkaufen, wurden zwei Singles der britischen Band BUSTED übernommen („What I Go To School For“ und „Year 3000“), die erst wenige Jahre vorher veröffentlicht worden waren. Das kann man nicht kritisieren, coverten Busted ihrerseits ja auch „Hurra Hurra, Die Schule Brennt“ von EXTRABREIT. Außerdem enthielt It’s About Time das LFO-Cover „6 Minutes“.

Die Songs wurden nun massiv in Film-Soundtracks wie Aquamarin (2006) oder in Serien wie Hannah Montana eingesetzt. Entsprechend verlor die Band ihren Plattenvertrag und wechselte zu Hollywood Records des Walt Disney-Konzerns. Es blieb South Park vergönnt, die ideologische Manipulation junger Mädchen durch Walt Disney in der Folge „The Ring“ bloßzustellen: Die Jonas Brothers, aber auch Sternchen wie MILEY CYRUS, JUSTIN BIEBER und SELENA GOMEZ wurden in die evangelikale Keuschheitsring-Kampagne eingebunden, um sie derart kastriert christlichen Familien in dennoch sexualisierter Verpackung anbieten zu können. Dafür musste selbst ein pädagogisch unbedenklicher Song wie „Year 3000“ familienfreundlich umgeschrieben werden.

 

Dieser eine Song

Der tatsächliche weltweite Durchbruch erfolgte dann 2007 mit dem selbstbetitelten Album, das erneut „Year 3000“ enthielt. Hier ordnete die Band ihren Poprock mit dem KIM WILDE-Cover von „Kids Of America“ („Kids Of The Future“) ein, an dem sogar MARTY und RICKY WILDE mitwirkten. Der Poppunk wurde neben „Year 3000“ nur noch durch die Durchhalteparole „Hold On“ bedient. Dieser Titel erklärte den Hörerinnen, dass sie bei Liebeskummer und Depression, einfach die Zähne zusammen beißen müssten. Diese verbreitete Hoffnung ließ sich aus Jungssicht übrigens auch in den sexistischen Diskurs der sogenannten Friendzone übertragen („Just Friends“): Wird schon!

Nicks Knaben-Alt war in „Hold On“ einer jugendlichen Stimme gewichen. Als er die Bridge sang, verliebten sich Tausende Mädchen in ihn: „When it falls apart and you’re feeling lost, all your hope is gone, don’t forget to hold on, hold on!“ Sein Gegengewicht war die erwachsene Stimme von JOE, der im Musikvideo sich mit längerem Haar wie ein Poppunk- oder Emosänger aufführte. Man vergleiche nur mal das Mikrofongewirbel von ADAM LAZZARA aus TAKING BACK SUNDAY’s „MakeDamnSure“ (2006) mit Joe’s Overacting.

Neben der Aneignung des Poppunks durch Walt Disney standen die Jonas Brothers nach den 90ern auch für eine neue Welle von Boybands, die dann in den 2010ern über die Welt hereinbrach (ONE DIRECTION, THE VAMPS, 5 SECONDS OF SUMMER). Zur selben Zeit expandierte die J-Pop- und K-Pop-Industrie auch im Westen, die junge Gesichter noch härter und effizienter verbrennt, als es etwa Walt Disney tut.

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