Die 80er sind auf Netflix, im Kino und im Radio zurück. Doch selbst das ist nicht neu. Im Jahr 2000 kam ein höchst ungemütlicher Film in die Kinos: American Psycho feierte genau wie sein Soundtrack die Popmusik der 80er Jahre. Spannend war, was hier zu hören war und wer lieber nicht gehört werden wollte.
American Psycho beruhte auf einem kontrovers brutalen Roman, der es inzwischen sogar als Musical an den Broadway geschafft hat. Antiheld war ein Wiedergänger des Psycho-Mörders Norman Bates in Gestalt des metrosexuellen Wallstreet-Yuppies Patrick Bateman. Diese Ausgeburt des Neoliberalismus war nicht nur pathologischer Narzisst, sondern litt an seiner Inhaltslosigkeit. War Bates noch Gefangener seines mütterlichen Über-Ichs, war Bateman nicht mehr als eine glänzende Oberfläche, die verzweifelt versuchte, sich mit Sex, Gewalt und Popkultur Bedeutung zu verleihen.
Der dazugehörige Soundtrack bestand aus Klassik-Stücken, sowie 80er- und 90er-Jahre-Songs bzw. -Remixen darunter die 80er-Helden DAVID BOWIE („Something In The Air“), NEW ORDER („True Faith“) und THE CURE („Watching Me Fall“). Es schlossen sich 23 Stille-Tracks an, die wohl für die Leere standen, die all die 80er-Songs hinterlassen hatten, die im Film auftauchen, aber es nicht auf die CD schafften. Das hatte Gründe.
Der Film American Psycho führte vor, dass auch ein Möchtegern-Massenmörder Musik genießen kann. Bateman schwärmte in Vorbereitung auf Sex und Gewalt vom Pop der 80er. Entsprechend wehrten sich WHITNEY HOUSTON und HUEY LEWIS AND THE NEWS dagegen, dass ihre von Bateman rezensierten Songs „Greatest Love Of All“ und „Hip To Be Square“ auf dem Soundtrack erschienen. 100.000 Kopien mussten sogar vernichtet und neu produziert werden. Das dürfte auch der Grund sein, warum man auch die gelobten Titel „In Too Deep“ von GENESIS und „Sussudio“ von PHIL COLLINS nicht aufnahm.
Schöne Musik macht noch keinen schönen Charakter, das zeigte schon der Fall Richard Wagner. Dass kommerzielle Popmusik uns Identität geben kann, dürfen wir auch nicht voraussetzen. Die 80er waren schön, aber es kommt nicht aufs Träumen an, sondern aufs Handeln.
American Psycho: Music from the Controversial Motion Picture
(Koch Records)
VÖ: 14.04.2000