THE BROKEN BEATS und ANGELIKA EXPRESS lieferten klasse Shows – aber kaum jemand war da.
Beim Programm des heutigen Abends sollte man eigentlich ein gut gefülltes Waschhaus erwarten – leider ist dem aber nicht so. Im Gegenteil, vielleicht siebzig Leute haben den Weg gefunden, was einem schon in dem Moment leid tut, als sich von der Backstagetür aus fragende Blicke durch den Raum tasten.
THE BROKEN BEATS sollen den heutigen Abend eröffnen, warten aber noch ein wenig, um den vielen Leuten, die sich wohl verspätet haben müssen, ebenfalls die Chance zu geben, THE BROKEN BEATS live zu erleben. Denn, und das jetzt mit allem nur möglichen Nachdruck, diese Chance darf man nicht verpassen. Es kommt zwar niemand mehr, aber die Dänen sind eine dermaßen großartige, ja, fabulöse Liveband, dass sich der Eintritt schon nach der ersten Vorband gelohnt hätte.
Wie viele Musiker genau zu THE BROKEN BEATS gehören, weiß niemand so genau, heute stehen sie aber zu fünft auf der Bühne und sind ähnlich adrett gekleidet, wie ANGELIKA EXPRESS. Ihre Musik ist ein extrem facettenreicher Mix von Rock über Folk zum Chanson. Wenn STEPHEN MALKMUS und I AM KLOOT ein gemeinsames Projekt gründeten, klänge es eventuell wie THE BROKEN BEATS. Ausgestattet sind die fünf mit Schlagzeug, Bass, zwei Gitarren, Keyboard und Samples und sind was den Gesang angeht sehr demokratisch organisiert. Jeder hat ein Mikrofon und beteiligt sich rege.
Es gibt aber – wie in ihrer Heimat – auch einen Monarchen, einen netten, lustigen und zerstreuten König, der die Fäden der Band in der Hand hält. Es ist KIM, der Sänger und Teilzeit-Gitarrist, der Lieder in der Mitte abbricht, um eine kurze Anekdote zum Besten zu geben, minutenlang aber interessant und lustig erzählt, welche Geschichte sich hinter dem nun folgenden Stück verbirgt, Spielgeld um sich wirft und bei all dem so charismatisch ist, dass wirklich alle Zuschauer gebannt an seinen Lippen hängen. Überhaupt wissen die BROKEN BEATS das Publikum zu begeistern und so laut, wie beim erfolgreichen Bitten um eine Zugabe – das sei schon jetzt verraten – wird der Applaus an diesem Abend nicht wieder sein.
Als nächstes betritt JONA, ein Labelkollege von ANGELIKA EXPRESS erwartungsgemäß allein und mit einer E-Gitarre in der Hand die Bühne. Der 20-jährige Kölner hat zur Unterstützung lediglich einen MP3-Player dabei, der gelegentlich die Drums übernimmt. JONAs Musik klingt in etwa so, als wenn THEES UHLMANN Lieder von KETTCAR sänge. Sowohl das Gitarrenspiel, als auch die Texte erinnern permanent an die Hamburger Band und sein Stimmvolumen ist, wie beim TOMTE-Sänger, nicht gerade riesig. Ich mag TOMTE und KETTCAR sehr, und ziehe genau deswegen das Original vor. Um zu überzeugen, bringt JONA viel zu wenig eigene Ideen in seine Musik ein. Auch das Publikum ist nicht gerade hingerissen, also weiter zur Hauptband des Abends.
Noch nicht mal zwei Jahre ist es her, als eine Kölner Band mit dem gewöhnungsbedürftigen Namen ANGELIKA EXPRESS mit ihrer ersten, nicht gerade berlinfreundlichen Single ‚Geh doch nach Berlin‘ die Republik eroberte. Mittlerweile haben sie zwei Alben und – mit der gerade erschienen Phantome EP – auch schon zwei Kleinformate veröffentlicht, und auch Berlin, wie sie selbst sagen, in ihr Herz geschlossen. Eine sehr fleißige Band ist das also, gerade wenn man bedenkt, dass sie sich parallel dazu noch die Beine wund getourt haben.
Nun stehen sie also wie immer in schicken Anzügen auf der Waschhaus-Bühne. Wie bei THE BROKEN BEATS bleibt der Gesang auch bei ANGELIKA EXPRESS nicht nur einem Bandmitglied vorbehalten. In der Regel singt aber ROBERT DRAKOGIANNAKIS, dessen E-Gitarre leider während des gesamten Konzertes ein wenig zu leise ist. Dass dies beabsichtigt ist, kann ich mir nicht ganz vorstellen, nimmt es der Musik doch zum Teil die Kraft und den Nachdruck, der die Alben der Band stets auszeichnet. Müde oder langweilig wirkt der Auftritt deshalb aber noch lange nicht; die drei wirbeln auf der Bühne herum, dass es eine wahre Freude ist, ihnen zuzusehen. Gespielt werden Songs aus ihrer gesamten Bandgeschichte, von ihrem Debütalbum Angelika Express bis zur Phantome EP. Bei ‚Geh doch nach Berlin‘ singen sogar die vorher zum Outing aufgeforderten Berliner im mittlerweile auf 50 Zuschauer geschrumpften Publikum mit.
ANGELIKA EXPRESS machen und haben selbst dann noch Spaß, wenn sie sich die Namen der Zuschauer merken könnten, und natürlich geben sie am Ende auch noch eine Zugabe, womit alle, die da sind, glücklich in die Party im Obergeschoss entlassen werden. Da ist es übrigens ziemlich voll – verstehe einer diese Welt.
http://www.angelikaexpress.de
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