SEIDENMATT und SEPTEMBER MALEVOLENCE am 13.11.04 in der Kastanie 85

Zweimal instrumentale Rockmusik vom Feinsten.

Kastanie 85. Ein durch den Namen nicht schwer zu lokalisierender, aber doch nicht so einfach zu findender Club. Steht man nämlich vor dem Hauseingang Kastanienallee 85 kann man zwar bei irgendwelchen Leuten klingeln, der Hinweis auf einen Club ist aber nicht an der Tür verewigt. Also gilt es, in der Bar nebenan zu fragen. „Da hinten durch, an den Toiletten vorbei und die Treppe runter“ heißt es dann. Gefunden. Ein gemütlicher Club im Hausbesetzerstil – erinnert mich ein wenig an den Fischladen im Friedrichshain. Die Sitzgelegenheiten im Vorraum sind Biergarnituren, die Haus-Biermarke ist „Pogorausch“ und die Bühne ist aus Bierkästen gebaut. Es riecht also eigentlich nach Punkrock, was heute Abend aber nichts wird. Mit SEIDENMATT und SEPTEMBER MALEVOLENCE haben sich zwei Vertreter der ästhetisch-emotionalen und zumeist instrumentalen Rockmusik angekündigt und reichlich Musikfans sind diesem Ruf gefolgt. Etwa 80 Zuschauer dürften es sein, die sich auf die Empore des Clubs und den recht kleinen Raum vor der Bühne verteilen.

Den Anfang machen SEPTEMBER MALEVOLENCE aus Schweden, eine in Deutschland noch gänzlich unbekannte und – so weit ich weiß – auch unverlegte Band. Das ist ändernswert, denn MARTIN (Bass), MATTIAS (Drums), TOMMY und TOBIAS (beide E-Gitarre) sorgen sofort für bewegte Körper im Publikum. Die seltenen Textpassagen sind zwar akustisch nicht zu verstehen, am Reiz ihrer Musik ändert das aber nichts. In bester Tradition MOGWAIs sind ihre Songs mit viel Liebe fürs Detail Komponiert. Spannungsbögen bauen sich bis zur Explosion, bei der auch ins Mikrofon geschrieen wird, auf, Verstärker surren, dann wieder andächtige Stille und so weiter – das komplette Programm eben. Melancholie trifft auf Aggressivität und wird zu wundervoller Musik. Diese Reaktionsgleichung gilt auch für die zweite Band des Abends, SEIDENMATT aus Berlin.

Bei der Musikauswahl auf ihrer derzeitigen gemeinsamen Deutschlandtour dürften die beiden Bands wohl nicht in Streit geraten. Sehr ähnlich scheinen ihre musikalischen Vorlieben und -bilder zu sein. Bei SEIDENMATT steht das Mikrofon nur für sehr seltene Ansagen zwischen den Liedern auf der Bühne. Anstelle einer zweiten E-Gitarre haben JAN, FLORIAN, MARTIN und MATTHIAS Keyboard und Samples mit am Start. So ist auch ihre Musik ein wenig verspielter als die der Schweden, steigert sich dafür aber auch nicht bis zum vorher gehörten Geräuschpegel, was nicht heißen soll, dass SEIDENMATT leise sind. Keineswegs! Sie beherrschen es genauso, Klangbilder zu basteln, die es mit dem nächsten Gitarreneffekt zu vergrößern oder auch einzureißen gilt. Das Publikum geht immer noch genauso gut mit, was eine wahre Freude ist. Nach dem Ende des Konzertes und lauten Rufen nach einer Zugabe verkünden SEIDENMATT, dass es auf ihrer aktuellen CD Wasserluft noch weitere Songs gibt, diese aber zu kompliziert sind, um sie live zu spielen. Wer sich für ein solches Eingeständnis schämen muss, sagt so was erst gar nicht, deshalb gibt es noch mal extra Applaus. Eine sehr interessante und angenehme Band ist das eben; genau wie der gesamte Abend.

http://www.seidenmatt.de
http://www.septembermalevolence.tk
http://www.sinnbus.de

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