BAD RELIGION + RANDY + RANSOM am 31.05.2004 in der Columbiahalle

This is the New America!

An sich ist es ja eine mutige bis gewagte Entscheidung, am Pfingstmontag eine Großstadt – und besonders diese – zu bespielen, wo doch bekanntermaßen ein nicht unbeträchtlicher Teil der Hauptstädter raus „int Jrüne“ fährt beziehungsweise die nicht weniger beträchtliche Zahl der Wahlhauptstädter Mutterns Kochkunst im Hessischen oder anderswo genießt.
Die Verlegung vom Huxley’s Junior in die Columbiahalle ließ jedoch vermuten, dass genügend Leute Sonne, Strand und elterliche Kochtöpfe den amerikanischen Punk-Urvätern zu liebe schon etwas eher zu verlassen gedachten.

Umso erstaunlicher war es dann allerdings, dass zu Einlassbeginn ein nur etwa zwanzigköpfiges Häuflein gemächlich ins Innere der Konzerthalle schlenderte.
Die Erstaunlichkeit wurde freilich noch ein weiteres Mal gesteigert, als bereits eine Viertelstunde später RANSOM auf die Bühne gescheucht wurde, obwohl der offizielle Startschuss für eine Stunde nach Einlassbeginn ausgeschrieben war.
So kam es, dass Berlins Hoffnungsträger in Sachen Skaterpunk und Melodycore leider vor einer – wenn überhaupt – nur halb gefüllten Halle spielten, und auch eine Reihe Fans werden wohl „zu spät“ gekommen sein und sich geärgert haben. RANSOM bewiesen auf eindrucksvolle Weise, dass sie eine derartige Behandlung alles andere als verdient haben: Vom ersten Song an rockten sie das Haus mit einem Set voller Energie, Melodie und Spaß und ließen sich von der gähnenden Leere glücklicher Weise die gute Laune nicht verderben. Lebhaft, actionreich und trotzdem sicher im Spiel topten sie für mich persönlich mal ganz locker OFFSPRING, die ich kurz vorher im selben Etablissement gesehen hatte und erinnerten mich auf angenehme Weise and den australischen Punk-Geheimtipp FRENZAL RHOMB, die in ihrem Mutterland übrigens Gold und Platin einheimsen (mehr als beachtlich für eine Punkband!).

Eine kurze Umbaupause später fingen dann RANDY an, kräftig in die Saiten zu greifen.
Nach zehnjähriger Bandgeschichte unter blau-gelber Flagge kann man sie ganz sicher zu Schwedens alten Hasen in Sachen Punkrock zählen.
Hier ging es dann etwas rockiger zu, beschwingte Musik zum Mitwippen drang ans Ohr und in der zweiten Reihe formte sich zaghaft der erste kleine Pogo-Mob.
Man merkte den Schweden den Spaß beim Spielen deutlich an und fühlte sich eine halbe Stunde später dann bestens eingestimmt auf den Hauptact des Abends.

Die Vorreiter einer ganzen Bewegung und Vorbilder einer kompletten Generation von Punkbands ließen allerdings ein Weilchen auf sich warten.
Als dann GREG HETSON, JAY BENTLEY und der Rest der Mannen nach einander die Bühne betraten und GREG GRAFFIN endlich zum Mikrofon griff, gab es allerdings kein Halten mehr: Die komplette Menge hüpfte und sprang, während die alten Recken Hits wie unter Anderem ‚Kyoto now‘,’Sorrow‘, ’21st Century Digital Boy‘, ‚Recipe for Hate‘, ‚Billy‘, ‚You‘ ,‘ We’re Only Gonna Die‘ (vom ersten Album How Could Hell Be Any Worse) und natürlich ‚This is just a Punkrock Song‘ sowie ‚Los Angeles Is Burning‘, ‚Citizen Rouge‘ und ‚The Empire Strikes First‘ vom diese Woche erscheinenden gleichnamigen neuen Album – oft ohne Pause zwischen den Songs – zum Besten gaben.

Auch während der neusten Stücke zeigten sich besonders die ersten Reihen erstaunlich textfest. Grund hierfür ist wohl die seit Wochen im Netz herumgeisternde komplette Vorabversion des taufrischen Silberlings. Nun ja, da werden sich die Altmeister wohl gefallen lassen müssen, dass Cyberpunk eben auch Punk ist, zumal echte Fans sich sicherlich sowieso die Original-CD zulegen werden.

Insgesamt wurde ein guter Schaffensquerschnitt gespielt, wobei so ziemlich jedes ihrer Alben irgendwo auf der Setlist vertreten war.
Der diesjährige Gig war auch der erste in Berlin, auf dem man Gründungsmitglied und Epitaph-Labelchef „Mr. BRETT“ GUREWITZ wieder an der Gitarre und Backgroundvocals lauschen konnte, seit er nach Bewältigung seiner Drogenprobleme wieder mit von der Partie ist. Ab dem 2003er Album The Process OF Belief ist er auch wieder am Songwriting beteiligt, so dass nun erneut das alte Duo GRAFFIN/GUREWITZ für den B.R.-typischen Sound verantwortlich zeichnet.

Mit GREG H.s Luftsprüngen, JAYs Vor- und Zurückgerenne sowie GREG G.s Verzählwitzen und markigen politischen Statements zwischendurch gab es an diesem Abend eine klassische B.R.-Show, während der gepogt, gecrowdsurft und im Schweiße anderer Leute gebadet wurde, wobei die Saaltemperatur um mindestens zehn Grad anstieg.

Ein ca. einstündiges Set und eine eisern eingeforderte Zugabe später war das Vegnügen dann etwas vor Mitternacht auch schon wieder vorüber. Erschöpft und glücklich machte man sich nach einem musikalisch rundum gelungenen Abend letzlich auf den Heimweg.

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