Der Berliner Punkrapper BEN GALO ist gerade nach Lichtenberg gezogen. Am 1. Mai erscheint sein zweites Album Schwarz. Darin kriegen nicht nur Polizisten, Neonazis und Coronaleugner ihr Fett weg.
Dein letztes Album Bis Nichts Bleibt ist drei Jahre her. Wie ist es dir seitdem ergangen?
Zum Glück bin ich jetzt zumindest aus der Wohnungslosigkeit heraus. Aber ich habe einige Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Es gibt gute Gründe für mich, sauer zu sein.
Auch auf Corona?
2020 hatte ich meine erste eigene Tour geplant. Sie ist komplett weggebrochen. Das ging ja praktisch allen Musikern so. Es fehlt an Gigeinnahmen und Spendengeldern. Aber auch unter Künstlern gibt es Ungleichheit. Die Großen brauchen sich nicht über ein paar Ausfälle beschweren.
Wie wäre denn diese Krise zu lösen?
Kanzlerkandidat Armin Laschet wird die Welt retten. (Lacht.) Nun, wir müssen wohl alle lernen, mit dem Virus zu leben. Online-Veranstaltungen sind jedenfalls keine echte Lösung für uns Künstler. Meine im vergangenen Jahr waren zwar ganz gut besucht, aber sie ersetzen keine Liveauftritte. Meine Mucke ist zum Moshen da.
Wie ist dein neues Album entstanden?
Über den Zeitraum von drei Jahren und komplett durch mich allein am Computer. Es ist rockiger als das erste, weil ich Bock darauf hatte.
Punkrap liegt mit Stars wie YUNGBLUD im Trend. Siehst du dich als linken HipHopper?
Nein, ich bin im Herzen Punk. Privat höre ich aber lieber RAMMSTEIN oder K.I.Z. Ich zähle mich auch gar nicht in die sexistische, konsumverherrlichende HipHop-Sparte. Eher zum „Zeckenrap“. Man könnte meine Musik mit der von KRAFTKLUB vergleichen, nur eben mit Punk und nicht mit Indie.
Im „Produkthinweis“ zum neuen Album erteilst du dir selbst ironisch den Extremismus-Stempel.
Politisch bin ich kein gefährlicher „Extremist“, weil ich den Staat ablehne. Ich bin Anarchist und will als solcher eine andere Gesellschaft.
Ist dir klar, dass deine Texte wie in „Wer Nicht Hören Will“ auch als Aufrufe zur Gewalt interpretiert werden können?
Das ist nicht der Fall, denn ich bin kein Demagoge. Wenn hier und da mal was kaputt geht, nach einem Auftritt, ist das keine Gewalt. Gewalt wird an Menschen verübt.
Deine Kritik richtet sich mit Tracks wie „Wortwahl“, „Schwarz“ oder „Wie Das Geht“ diesmal auch gegen die linke Szene. Warum?
Einerseits ist mir die Szene aktuell einfach nicht mutig genug. Sie feiert sich selbst zu sehr, anstatt ordentliche Aktionen hinzubekommen. Andererseits missfällt mir die ständige Doppel-Moral, wenn Gerede über Inhalt und Theorie über Praxis gestellt werden. Die Entfernung von der Realität ist auch die Entfernung von den Problemen der Gesellschaft.
PC- und Akademisierungskritik ist durchaus en vogue. Glaubst du dein Album wird etwas verändern?
Nein, aber zumindest Leute zum Nachdenken anregen.
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Foto: © Conrad Wilitzki