Auch wenn dieses Jahr wieder alles friedlich, entspannt und in guter Stimmung über die Bühne ging – irgendwie kam die zweite Ausgabe des Festivals nicht an die Premiere heran.
Für mich persönlich lag es am seichten LineUp, das zu wenige echte Highlights bereit hielt. Aber Musikgeschmack ist bekanntlich immer subjektiv und es gibt nun mal Leude, die wirklich auf VIRGINIA JETZT!, ESKOBAR oder 2RAUMWOHNUNG stehen. Aber selbst wenn man MASSIVE ATTACK mag, so zu Hause, gemütlich im Wohnzimmer – als Closing Act auf einem OpenAir-Festival sind sie völlig ungeeignet. Ein Wunder, dass sich nicht zahlreiche Unfälle auf dem Nachhauseweg ereignet haben, weil alle eingelullt eingeschlafen sind.
Hinter den Kulissen munkelte man, dass der Vorverkauf so schlecht lief, dass man sich nicht wie im letzten Jahr zwei große Bühnen nebeneinander (‚Twin-Stages‘) leistet konnte, sondern nur eine große und eine kleinere, die mehr oder weniger gegenüber lagen. Unbestätigten Gerüchten zufolge wurden gar die Bands angesprochen, ob sie für weniger Geld spielen würden.
Die Stimmung der Organisatoren war also, auch im Hinblick auf den durchwachsenen Wetterbericht, wohl eher gedrückt. Man hoffte auf zahlreiche Tagesbesucher – nur, dass es keine Tagestickets zu kaufen gab, lediglich Festivaltickets zu 46 €, die für alle drei Tage galten.
Als Pressebesucher wurde man erst mal unverschämterweise dazu genötigt, 5 € zu spenden. Für eine Schule in Afrika oder so. Ich hoffe sehr, dass das Geld ankommt und nicht in die Taschen der Veranstalter fließt. Im Übrigen entscheide ich gerne selbst wann, wofür und wie viel ich spende, was ich mehrmals im Jahr tue, dazu muss man mir nicht auf einem Musikfestival die Pistole auf die Brust setzen.
Und so ging es immer weiter mit den kleinen Unverschämtheiten. Waren im letzten Jahr noch die Mitnahme von Tetra-Paks auf das Festivalgelände erlaubt, durfte man dieses Jahr keinerlei Getränke mitnehmen. Die Kontrollen waren flughafenmäßig und so musste man im Gegensatz zum Vorjahr längere Wartezeiten in Kauf nehmen.
Apropos kaufen – Essen und Getränke auf dem Gelände empfanden viele Besucher als zu teuer. Die Pächter begründeten die Preise mit den hohen Standmieten, die von einer professionellen Kommerz-Catering-Firma diktiert wurden. Einige günstigere Anbieter wie die „Salatcrew“ wirtschafteten denn auch im besten Falle kostendeckend – und nahmen’s dennoch leicht: „Es war für uns halt alles ein großer Spaß, deshalb haben wir auch nichts gewonnen bei der Aktion. Aber scheiß drauf, es war ne coole Sache und wir haben viel gelacht und gefeiert und werden noch lange dran denken.“
So ging ein Großteil der Party auch vor dem Festivalgelände auf dem Campingbereich ab. Lautstark suchte man nach Helga und Timmäää, grillte und trank warmes, aber günstigeres, weil mitgebrachtes, Bier.
Wenn man sich die Kosten für so einen Festivalbesuch ausrechnet, ist es um so erstaunlicher, wie viele Festivaltouristen es doch gibt, die von einem zum nächsten reisen. Ich sprach mit einer Truppe Abiturienten aus Lychen, die dieses Jahr ‚Rock am Ring‘, ‚Berlinova‘, ‚Immergut‘, ‚Splash‘, ‚Populario‘, ‚Schüttdorf‘- und ‚Wacker‘-OpenAir auf dem Plan haben. Sie fielen mir auf, weil sie, ähnlich wie Wolfgang Petry, zahlreiche Stoffbänder am Arm trugen, die sich bei näherem Hinsehen als Festival-Eintritts-Bändchen erwiesen. Sie finanzieren ihre Mini-Urlaube durch Eltern und Ferienjobs. Entscheidend für den Besuch eines Festivals ist für sie das LineUp. Zum Berlinova sind sie wegen den SPORTIES, VIRGINIA JETZT! und MOTÖRHEAD gekommen, aber grundsätzlich fanden sie das LineUp letztes Jahr viel besser. Und überhaupt: „Scheiss Techno!“ Womit sie wohl auf die ‚Electric Kingdom Stage‘ zielten, die am Freitag für eine rein elektronische Beschallung sorgte. Die Klos fanden sie dieses mal nicht so sauber, aber die Promotionartikel sind besser (Stoffbändchen!!!). Ja, so war das Berlinova, aus der Sicht von Profis.
Aus meiner unerheblichen Sicht plädiere ich unbedingt für die Wiedereinführung der TwinStage – wenn man nicht ständig hin und her rennen muss, hört man sich auch mal Bands an, die man nicht kennt und erlebt die eine oder andere positive Überraschung. Und der Sound auf der großen Bühne muss besser werden – es war wieder nur Bass zu hören. Kein Gesang, keine Gitarre.
Ansonsten rate ich den Veranstaltern, ein wenig im eigenen Forum zu stöbern. Da ging doch noch einiges mehr schief (die Shuttlebusse fuhren zum Teil nicht und die Leute mussten sehen, wie sie mit Gepäck die 10 km zum Gelände bewältigen), was man im nächsten Jahr wieder besser machen könnte.
In der Pressemeldung meldet Veranstalter Carlos Fleischmann von der DEAG: “Wir sind in einem schwierigen Markt mit dem Verlauf des 2. berlinova open air sehr zufrieden. DEAG Concerts ist auf dem Weg, dieses Festival in der Mitte Deutschlands als festen Termin im Festivalsommer zu etablieren, und ich freue mich jetzt schon auf berlinova 2005!“