berlinova.2004 – Festivalrückblick Teil 3

Nicht nur das Wetter, sondern auch die Stimmung der Besucher war am Sonntag an der Berlinova wechselhaft. Während das Wetter von heiß auf plötzliche Kälte wechselte, veränderte sich die Stimmung von „es geht ab“ zu „gehen wir noch ´ne Runde schlafen?“. Irgendwie schienen sich die Besucher nicht entscheiden zu können, ob ihnen das Ganze nun gefällt oder eben nicht. Zwar fanden sich immer wieder Leute bei den Konzerten ein, aber eher um rumzustehen als um zu feiern. So war es ein Leichtes, sich von ganz hinten bis nach vorne zu drängen. Einige fanden ihren Spaß daran, die Bands blöd anzuschreien. Andere machten sich die kleine Menge vor der Bühne zu nutze, um sich von ihnen tragen zu lassen. Sehr zum Ärger der Bodyguards hinter der Absperrung.

Wie viele Leute sich auf dem Gelände der Berlinova wirklich befanden, ließ sich nicht wirklich eruieren. Die Parkplätze platzten aus allen Nähten und auf dem Vorplatz befanden sich allerlei Zelte und Menschen. Auf dem Konzertgelände selber schien es manchmal gähnend leer zu sein. Sobald ein Gig vorüber war, zogen sich die Leute in unbekannte Ecken zurück und der Platz blieb bis auf ein paar Schlafende leer zurück. Kann es sein, dass viele der Besucher bloß zum campen gekommen waren oder der Musik außerhalb des offiziellen Geländes lauschten? Die Frage blieb bis zum Schluss ungeklärt.

Wirklich voll begann es erst am späten Nachmittag zu werden. Während es zu dieser Zeit etwas rockiger zu und her ging, spielten am Vorabend eher HipHop-Bands.

Und plötzlich ähnelte das Gelände einem riesigen Ameisenhaufen. Von überall her strömten die Leute und hörten sich die THE BLACK EYED PEAS an. Und dabei gingen sie richtig ab! Obwohl das Wetter auf UN-Wetter mit Regen umschlug und das Gelände zu einem Matschfeld verwandelte, ließ sich die Meute die Freude nicht nehmen. Stattdessen bekleideten sie sich mit roter „Frischhaltefolie“, einen von Prince hergestelltem Plastikregenmantel, um sich so vor dem Niederschlag zu schützen. Und so ging die Party bis zum letzten Lied buchstäblich gut über die Bühne. Gut eingeheizt durch die THE BLACK EYED PEAS schritten die in rote Folie eingepackten Menschen zur nächsten Bühne, auf der sich schon die BEGINNER für ihren Auftritt vorbereitet hatten. Und auch da ging die Post ab! Und endlich ließ auch der Regen nach. Das Konzert war so gut besucht, dass sich die Leute in den hinteren Reihen mit den bekannten billigen Plätzen zufrieden geben mussten. Und wollten es sich diese auf dem Geländer bequemer machen, so konnten sich auch gleich Bekanntschaft mit dem etwas genervten „Platzanweiser“ machen, der striktes Sitzverbot auf dem Geländer erteilte.

Obwohl im Großen und Ganzen die Bands eigentlich gut beim Publikum ankamen, schienen die Besucher sich erst mal vom Vorabend erholen zu müssen. Neben den Konzerten hatte man auch allerlei Möglichkeiten, sich die Zeit anderweitig zu vertreiben. Besonders beliebt war das Harassen-Spiel, bei dem der Herausforderer möglichst viele Harassen stapeln musste.

Dennoch, eigentlich war man ja wegen der Konzerte nach Luckau gekommen.Viele Bands mussten trotzdem vor schätzungsweise halbvollen Rängen spielen. Fast unbemerkt schien der Auftritt von BJÖRN AGAIN über die Bühne zu gehen. Einige Besucher ließen sich jedoch eine gewisse Freude anmerken, wenn sie die alten ABBA-Hits wieder erkannten. Schließlich hörte man hier und da ein Mitsummen oder sah jemanden beim… na ja, Tanzen konnte man das nicht ja nennen, aber zumindest beim Mitschwingen. Hatten sich also doch alte ABBA-Fans unter die Besucher geschmuggelt?

Irgendwie eigenartig… Denn als schließlich MOTÖRHEAD auftraten, sah es überhaupt nicht so aus, als seien das getarnte BJÖRN AGAIN-/ ABBA-Fans. Den Sound, der sich doch zugegebener Maßen sehr von ABBA unterscheidet, hörte man bis… nun, die Tiere im Wald werden wohl auch ihre Freude daran gehabt haben.
Was die einen als Lärm empfanden (zumindest die Tiere), war für die anderen allerfeinste Rockmusik. Bei manchen konnte man noch Stunden später das Leuchten in den Augen sehen. Dieser eine Auftritt schien das ganze Ausharren während der letzten drei Tagen zu belohnen. Und wehe, man sprach die Schwärmer auf das Konzert an. Mindestens zehn Minuten musste man sich dann schon anhören, wie genial der Auftritt gewesen sei. Obwohl so ein Gespräch über Musik für einen Musikjournalisten sehr aufschlussreich sein kann. Interessant war es allemal, besonders wenn man ja eigentlich eine andere Musikrichtung favorisiert.

Beim Auftritt von THE DISTILLERS schien, wie bei BJÖRN AGAIN, auch ein Wiedererkennungseffekt gewirkt zu haben. Sah doch die Sängerin BRODY DALLE COURTNEY LOVE verblüffend ähnlich. Auch ihre Art zu singen und sich zu bewegen, erinnerten stark an COURTNEY LOVE. Und wie auch anders, die Musik ging ebenfalls in die selbe Richtung. Der einzige Unterschied lag an der Besetzung der Band. Denn COURTNEY LOVEs Band THE HOLE war ausschließlich mit Frauen besetzt. THE DISTILLERS bestehen, abgesehen von BRODY DALLE, nur aus Männern. Ihr Style schien beim Publikum nicht nur auf Zustimmung zu stoßen. Schließlich forderten einige „nette“ Herren mit einem Liedchen die Musiker auf, einen Friseur aufzusuchen. Aber sei’s drum, die Geschmäcker sind nunmal verschieden.

Während am Morgen ESKOBAR mit sanften, einfachen Tönen geradezu zum Bleiben, Sonne genießen, Träumen und frische-Luft-atmen einluden, schreckte der etwas laute und bassbetonte Sound von MASSIVE ATTACK ab. Um eins klarzustellen, MASSIVE ATTACK macht wirklich guten Musik. Aber an diesem Abend schien der Auftritt der Band nicht unter guten Sternen zu stehen. Die Musik war plötzlich zu viel des Guten und geradezu aufdringlich. Egal, wohin man ging, der Bass verfolgte einen. Er drang in alle Körperöffnungen ein und machte sich im Kopf breit. Alles vibrierte. Wie der Auftritt bei den Leuten ankam, konnte nicht festgestellt werden, denn sprechen war in dieser Situation nicht wirklich möglich. Und so blieb nur noch die Flucht…

Bleibt ein sehr gemischtes Fazit von berlinova.2004.
Die positiven wie negativen Reaktionen der Festivalbesucher sind live und ungeschminkt im offiziellen berlinova-Forum nachzulesen. Laut Aussage des Verantalters deag rockten über 15.000 begeisterte Besucher das Festivalgelände.
Wir sehen mit Spannung dem berlinova.2005 entgegen!

Gastautorin: Florencia Figueroa

http://www.berlinova.com

FacebooktwitterpinterestlinkedintumblrmailFacebooktwitterpinterestlinkedintumblrmail