Boygenius – The Record

Nachdem das All-Girl-Trio BOYGENIUS die selbstbetitelte Vorab-EP im Herbst 2018 herausbrachte, wartete man gespannt, wie wohl das erste vollständige Album klingen würde. Die Verzögerung lässt sich mit den Solo-Karrieren von PHOEBE BRIDGERS (BETTER OBLIVIEN COMMUNITY CENTER), JULIEN BAKER und LUCY DACUS samt neuen Solo-Alben erklären. Nun legt die Supergroup neben The Record auch noch begleitend The Film für die Musikvideos vor, unter der Regie von Kristen Stewart (Twilight).

Die EP endete mit dem tragischen Chorgesang „Ketchum, ID“ und das Album startet mit eben solchem in „Without You Without Them“. Statt einer Indiepop-Ballade hat man hier einen rein gesungenen Frauengesang wie aus den 50ern vor sich. Dieser ist eher ein ironisches Intro zum lockeren Indierocker „$20“ von Baker. Man merkt den Willen der Vollblutmusikerinnen, keine von ihnen zu dominant werden zu lassen. Zwischen ausschweifendem Rock und Introvertiertheit ist hier alles dabei.

Bridgers macht mit „Emily I’m Sorry“ wieder ein neues Fass auf: Hier wird in zarter Singer-/Songwriter-Manier Abbitte gegenüber einer Freundin geleistet. Die Damen unterstützen sich stimmlich hervorragend. „Cool About It“ ist ein Folksong an der Gitarre, den sie, aufgeteilt auf Strophen, meistern. Hier hat Bridgers die toughesten Zeilen des Albums: „Ones I took your medication to know what it’s like. Now I have to act like I could read your mind.“

Generell fällt ein sehr ehrlicher, ja unflätiger Ton in den Lyrics auf. Dieser hat die Drei wohl auch zusammengeführt. Zum Beispiel flucht Dacus im schönen Popsong „True Blue“ herum, wenn sie eine schwierige Beziehung beschreibt.

Auch das bohrende Gefühl nicht zu genügen, wird immer wieder beschrieben. „Not Strong Enough“ ist ein klassischer Indiepop, der dies ausdrückt. Baker zitiert „Boys Don’t Cry“ von THE CURE. Mit Songs wie dem Dreampop „Revolution 0“ stellt Bridgers sogar die Bedeutung ihrer Musik mit einer Art Bechdel-Test in Frage: Spielt sie diese eigentlich nur, um Männern ihre Gefühle klar zu machen? Dacus entgegnet mit „Leonard Cohen“, dass es um Selbstverwirklichung geht: „I never thought, you’d happen to me.“ Baker stellt in „Satanist“ zudem die vielen Gedanken aus, die mit Musik möglich sind. Toll, dass sich hier drei gefunden, die zusammen vielleicht die besten Songs ihrer Karrieren schreiben.

 

Boygenius
The Record
(Interscope)
VÖ: 31.03.23

www.xboygeniusx.com

Live

15.08.23, Berlin, Verti Music Hall
16.08.23, Köln, Palladium

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