a² + b² = ein Ozean aus Klängen.
Dass Studenten der Naturwissenschaften erstaunlich talentierte Musikanten sein können, mag vielleicht zunächst irgendwie überraschen, liegen doch vermeintlich Welten zwischen rational begründbaren Fakten und emotionsgetriebenem, häufig auch unlogisch anmutendem Text- und Klanggut. CARIBOU, genauer gesagt Mastermind Daniel Snaith, zückt jedoch mit einer Selbstverständlichkeit die Schreibfeder, als bestünde keinerlei Unterschied zwischen beispielsweise einer binomischen Formel, dem Satz des Pythagoras und dem perfekten, kleinen Soundarrangement. Vielleicht ist es auch tatsächlich so und analytisches Denken somit nicht hinderlich, sondern geradezu beflügelnd?
Tatsache ist jedenfalls, dass Snaith irgendwann um die Jahrtausendwende herum beschloss, er hätte nun erstmal genug Zahlen gedreht und wolle stattdessen lieber „in Musik“ machen. Gelang ihm auch ziemlich gut unter dem Pseudonym Manitoba, bis ihm ein Herr mit gleichlautendem Nachnamen dies einige Jahre später untersagte. Fast schon witzig eigentlich (um nicht zu sagen „lächerlich“), schließlich stellt sich da die Frage, ob jener dann auch die kanadische Provinz zu einem Wechsel aufgefordert hat. Doch zurück zu CARIBOU, wie sich die musikalische Gleichung fortan nannte und der positiven Bilanz, dass es trotzdem – oder gerade deshalb – gleich nochmal besser mit dem fröhlich Töne addieren klappt.
Denn mit Swim liegt nun das sechste Studioalbum vor und beweist auf ein Neues, dass der inzwischen zum Doktor promovierte Snaith ganz genau weiß, was er da tut. Eine stark psychedelische Tendenz wird ihm stets nachgesagt, die man natürlich auch hier finden kann. Vor allem jedoch gilt es, gar wunderbar verrückte Klangwelten zu entdecken, von denen die bereits im Vorfeld abgeschickte und kostenlos zu erhaltende erste Single ‚Odessa‘ kündete. Während sich im Hintergrund ein tanzfreundlicher Beat breit macht, quietscht sich nämlich gleichzeitig irgendwas an der einen oder anderen Stelle ins Lied, das fast wie ein leicht irres, verzweifeltes Vögelchen anmutet. Wenn das nun schon seltsam klingt, füge man noch eine überaus liebliche Stimme bei, die konträr dazu von zwischenmenschlicher Frustration erzählt und runde alles mit glockenähnlichem Gebimmel sowie einer guten Portion weiterer Synthieeffekte ab, ta-daa!
Ähnlich geht es im Anschluss weiter, wenn sich ‚Sun‘ seinen Weg in die Gehörgänge wabert – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Von links nach rechts, einmal im Kreis und zwischendurch kurz in ein geradliniges Stückchen Refrain, bevor es zusammen mit diversen Geräuschen wieder vor sich hinpurzelt oder, ja – schwimmt. „I got excited by the idea of making dance music that’s liquid in the way it flows back and forth, the sounds slosh around in pitch, timbre, pan… Dance music that sounds like it’s made out of water rather than made out of metallic stuff“, sagt Snaith dazu und dem ist im Grunde auch nichts mehr hinzuzufügen. Außer: diese Formel ist definitiv aufgegangen!
CARIBOU live am 10.09.2010 beim Berlin Festival
CARIBOU
Swim
(City Slang / Universal)
VÖ: 16.04.2010
http://www.caribou.fm
http://www.myspace.com/cariboumanitoba
www.cityslang.com
Autor: [EMAIL=verena.gistl@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Verena Gistl[/EMAIL]