„Tales Of Transit“: Authentizität in Sound und Inhalt.
Anlässlich der Record-Release-Party zum Debütalbum Tales Of Transit am Freitag, den 24.09. im NBI (Kulturbrauerei) im Rahmen von (SWE) + noch für ein ausführliches Interview zur Verfügung.
popmonitor.berlin: „This is the trip on love, rock and the fears“ steht als eine Art Motto/Bandcredo auf eurer Homepage. Bilden solche hinter Liebe, Musik und Ängsten stehende – vielleicht nur auf den ersten Blick – unterschiedliche Konzepte quasi eine Einheit, in der das eine das andere bedingt bzw. das eine nicht ohne das andere sein kann?
Chase The Dragon (Mathias): Eine ganz schön philosophische Betrachtung (lacht). Aber klar, das hängt alles miteinander zusammen. Zum einen zeigt es, wie wir Musik verstehen. Musik und Musikmachen, das hat vor allem was mit Emotionen zu tun. Auch wenn man heutzutage leider oft den Eindruck hat, dass es um Verkäufe und Charts-Platzierungen – also den reinen Kommerz – geht, liegt doch das Wesentliche darin, Menschen zu berühren. Das ist ganz klar unser Ziel. Zum anderen zeigt es aber auch, dass es in unseren Texten eben um die „alltäglichen“ Themen geht. Wenn man Menschen erreichen will, dann muss man Geschichten erzählen, mit denen sie was anfangen können – also quasi ihre Geschichten, deren Ursprung natürlich meist persönliche Erlebnisse sind. Auch Musiker haben manchmal Angst (lacht).
Am 24.09. erscheint eurer Debütalbum Tales Of Tranist, in das Ihr wie alle Bands/Künstler sicherlich all euer Herzblut gesteckt habt. Wie würdet Ihr den Prozess von den Anfängen bis zur Fertigstellung des Albums beschreiben, welche Hindernisse oder ggf. auch Rückschläge gab es?
Nach unseren beiden EPs Post Ironic und Replacing Space wollten wir natürlich recht schnell eine „richtige“ Platte – ein Album – machen. Den Prozess könnte man durchaus als „ausgedehnt“ beschreiben. Angefangen hat eigentlich alles in einer kleinen gemieteten Holzhütte, wo wir versucht haben, unsere zuvor gesammelten Ideen in eine Reihe von Songs zu verwandeln. Das hat auch ganz gut funktioniert. Wie haben im Vorfeld schon überlegt – die vorherigen Produktionen im Hinterkopf – in welche grundsätzliche Richtung es gehen soll. Klanglich wollten wir vor allem weg von den Synthiklängen und stattdessen konsequent auf Piano und Gitarre setzen. Im Songwriting war das so eine Sache: Grundsätzlich sollten die Songs der neuen Platte mehr Struktur bekommen. Also gute Hooklines und Spannungsbögen. Gleichzeitig sollten sie natürlich auch nicht einfach durchschaubar und platt klingen. Dies zu vereinen war und ist nicht ganz einfach. Einen guten Popsong zu machen, auch das will gelernt sein (lacht). Naja, dann kam eine längere Phase, in der wir an den Details gefeilt haben, einige Songs haben wir dann auch auf ihre Livetauglichkeit geprüft und dann war da schon die große Frage, wie wir das alles aufnehmen sollen.
Wie gestaltet(e) sich überhaupt eure Zusammenarbeit und das Songwriting, da Ihr ja in nicht eben nah beieinanderliegenden verschiedenen Städten wohnt?
Gute Frage. Das geht eigentlich ganz gut. Wir sind ja nun auch keine Schulband mehr, für die das wöchentliche Treffen notwendig ist, um nicht die Lust zu verlieren (lacht). Nein, also meist entwickeln wir – jeder für sich – musikalische oder inhaltliche Ideen. Manchmal sind die sehr rough, manchmal aber auch schon recht weit. Durch die heutzutage leicht zugänglichen digitalen Aufnahmemöglichkeiten ist es dann kein Problem, diese Ideen auszutauschen, um erste Eindrücke zu vermitteln. Natürlich geht es dann nicht so „unpersönlich“ weiter. Meist treffen wir uns dann für einige Tage und arbeiten die Ideen gemeinsam aus. Das hat sich bislang als recht effektiv herausgestellt.
Wie und wo nehmt Ihr das Album auf, seid Ihr komplett eigenverantwortlich oder steht Euch jemand bei der Produktion und den Aufnahmen zur Seite? Wird bzw. soll das Album klassisch auf einem Label (inkl. Vertrieb) erscheinen?
Replacing Space haben wir ja komplett in Eigenregie gemacht. Von der Aufnahme bis zum Mischen etc. Auch wenn das am Ende gut funktioniert hat, wollten wir bei Tales of Transit ganz bewusst einen anderen Weg gehen. Wir haben einfach die Erfahrung gemacht, dass wir live richtig gut funktionieren. Das Zusammenspiel läuft und die Songs bekommen einfach erst dann Leben. Das wollten wir unbedingt auf dem Album haben. Leider produzieren ja heutzutage die meisten Bands auf rein digitaler Ebene. Da kann dann jeder Musiker einzeln solange einspielen bis er den „perfekten“ Take hat. Dann werden noch alle „Unsauberkeiten“ weggeschnippelt und fertig ist die leblose, glatt gebügelte Nummer. Bei manchen Genres funktioniert so was auch erschreckend gut. Wir wollten das aber nicht. Die Lösung haben wir dann eigentlich ganz schnell gefunden: One-Take zusammen einspielen, kein Schneiden, kein „Begradigen“ etc. Entweder der Take war’s oder eben nicht.
Glücklicherweise haben wir dabei Unterstützung von einem befreundeten Produzenten und Toningenieur – Mischkah Wilke, von KozmicSounds in Berlin – erhalten. Er hat sich in den letzten Jahren gezielt auf die alten analogen Aufnahmenverfahren (Bandmaschine, alte Vorverstärker und Röhrenmikrofone usw.) spezialisiert. Im Studio ging dann alles recht schnell. „Aufnahme“, „Stopp“, „War’s der?“ und weiter. Wenn man da seinen Fokus auf die Stimmung verlagert und nicht jedem Knarren und Quietschen den Krieg erklärt, fängt man genau das ein, was Musik ausmacht – Emotion. Ich bin ganz sicher, dass man das auch auf der Platte hören kann.
Bislang sind wir ohne Label unterwegs. Das liegt vor allem daran, weil wir kein passendes gefunden haben. Bis jetzt haben wir die klassische Labelarbeit in Eigenregie gemacht. Aber da sind dann irgendwann auch zeitliche Grenzen gesetzt. Also, wenn wir ein gutes Angebot bekommen, sind wir sicher nicht abgeneigt (lacht).
Der Titel „Tales Of Transit“ spiegelt sich auch – teils im übertragenen Sinne und in verschiedenen Variationen – in den Texten vieler Songs wider, wieso gerade dieser Titel, was genau ist die Idee dahinter und was wollt Ihr damit ausdrücken?
Tales of Transit ist in der Tat ein Plattentitel, der die Songs und die Situationen, von denen sie erzählen, insgesamt ganz gut beschreibt bzw. beschreiben soll. In den letzten Jahren haben wir sowohl in unserem Freundeskreis, als auch bei uns selbst diesen „Bewegungsprozess§, das Suchen nach einer beruflichen und persönlichen Identität beobachtet. Bei Vielen war dies auch mit einem Umzug in eine neue Stadt verbunden – bei uns ja auch. Was auf der einen Seite natürlich oft notwendig ist, wenn man seinen Weg gehen will, führt auf der anderen Seite dann immer auch zu einer Art Dezentralisierung der Heimat. All das liefert dann die Grundlage zu einer Fülle an Geschichten über diesen Findungsprozess – den Tales of Transit eben. Unsere Texte stammen so aus einer unmittelbaren Erfahrung. Alles andere, also Songs über für uns abstrakte und erfahrungsferne Dinge, käme auch nicht in Frage. So wie die Art der Aufnahme und der Sound der Songs authentisch sein sollen, so sind es natürlich auch die Inhalte.
Der grundsätzlich melancholisch vorherrschende Tenor auf Tales Of Transit wird häufig auch um eine gehörige Portion an raumgreifender Größe und Dramatik ergänzt. Hat dies auch mit einem Faible für klassische Musik zu tun?
Ich weiß nicht so recht. Sicher hat auch die Erfahrung, klassische Musik zu hören und zu spielen, einen gewissen Einfluss. So wie eben alles, was man mal gehört hat, irgendwie Inspiration bleibt. Mal mehr, mal weniger natürlich. Im Wesentlichen ging es uns aber darum, dass die Stimmungen der einzelnen Songs sich quasi gegenseitig verstärken. Das klingt vielleicht erstmal seltsam, aber das bekommt man vor allem durch unterschiedliche Stimmungen, Charaktere und Dramatiken hin. Wen man auf einer ganzen Platte nur „weint“ oder nur „schreit“ dann erschöpft sich das schnell. Beim Hören relativiert sich dann alles und die eigentliche Stimmung geht verloren. Daher war es uns wichtig, unterschiedlich „große“ Songs miteinander zu verbinden. Das ist ja keine neue Erkenntnis. Auch Beethoven hat in seinen Sonaten nicht drei Sätze mit der gleichen Aussage komponiert.
Im Februar deses Jahres hattet Ihr die große Ehre, den Support für Brett Anderson (der bzw. dessen Band Suede ja auch für Euren Bandnamen „verantwortlich“ ist, „Chase The Dragon“ geht auf eine Zeile aus ‚So Young‘ von deren Debütalbum zurück) im Berliner Lido zu bestreiten. Erzählt uns doch bitte etwas um das diesen Auftritt begleitende Drumherum, wie war es, Brett Anderson kennen zu lernen?
Ja das war zweifelsohne eine besondere Erfahrung. Man hat schnell gemerkt, dass alles unglaublich professionell abläuft. Dass dann der erste Lido-Gig noch mit einem Support für unseren „Namensgeber“ Brett Anderson zusammenfiel, war natürlich klasse. Ihn umgibt – auch in realer Gestalt – eine ganz besondere Aura. Das alles hat dann bei uns den Adrenalinspiegel schon ordentlich ansteigen lassen.
Wart Ihr selbst mit eurem Auftritt in diesem doch verhältnismäßig großen Club zufrieden, wie war das Feedback von Freunden und Bekannten?
Es war ein toller Auftritt. Das Lido war voll und die Herausforderung war natürlich, zu überzeugen und nicht einfach „nur“ Support zu sein. Ich denke, das haben wir auch ganz gut hinbekommen. Zumindest wenn man den positiven Feedbacks des Publikums vertraut (lacht). Nein, also es war für uns schon eine wertvolle Erfahrung, dass man auch als akustisches Zwei-Mann-Duo in einem größeren Haus spielen und überzeugen kann. Nun hoffen wir natürlich, dass dieses Konzert in seiner Art nicht das einzige bleiben wird.
Bei Euren beiden Record Release Konzerten in Magdeburg und Berlin am 24. und 25.09. werden auch die mit Euch befreundeten Loud As Light aus Schweden dabei sein. Wie habt Ihr euch kennen gelernt, habt Ihr schon mal zusammen Konzerte gespielt? Was kann man von den Abenden erwarten, auf was können sich die Besucher freuen?
Die Musiker von Loud as Light kennen wir schon eine ganze Weile. Angefangen hat es – wie so oft – über eine MySpace-Bekanntschaft. Damals haben wir unsere zweite Deutschlandtour geplant und waren noch auf der Suche nach einer Band, die uns begleiten möchte. In den ca. zwei Wochen mit The Idle Hands – die damalige Formation von Loud as Light – waren musikalisch und zwischenmenschlich absolut super. Einige Zeit später sind wir dann auch nach Schweden geflogen und hab dort etwas getourt. Daher ist es jetzt wirklich genial, dass die Jungs nach Deutschland kommen. Das Publikum kann von den Schweden auch einiges erwarten. Sie spielen sehr gut gemachten Indie-Rock-Pop, dem man seine schwedischen Wurzel kaum absprechen kann. Die Besucher können sich also auf eine Menge freuen.
Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft!
Die CHASE THE DRAGON Record-Release-Party am Freitag, den 24.09.10 im NBI/Kulturbrauerei (w/ )
Das Album:
CHASE THE DRAGON
Tales Of Transit
VÖ: 24.09.2010
(Eigenvertrieb)
www.myspace.com/letschasethedragonhome
www.chasethedragon.de
Fotos © Chase The Dragon
Autor: [EMAIL=thomas.stern@popmonitor.de?Subject=Kontakt von der Website]Thomas Stern[/EMAIL]